Freitag, 31. August 2007

Meine letzten Tage in Addis Abeba

Mittwoch
Die Ankunft der neuen Praktikantin, Miriam, stand für heute an. Kaum war ich im Institut, dufte ich wieder zurückfahren nach Hause, um dann mitzufahren zum Flughafen, um sie abzuholen. Und konnte dabei auch noch gleich nachfragen, ob mein Flug denn pünktlich gehen würde.
Natürlich wurde es wieder ein totales Chaos. Keine Ahnung, ob die Dame bei der Information überhaupt verstand, was ich wollte. Am Anfang tat sie es auf jeden Fall nicht, und nachdem ich meine Frage wiederholt hatte, sagte sei einfach: „Jaja“. Dann wurde ich, als ich auf Miriam wartete, vom Flughafenpersonal zur Seite geholt und gefragt, ob ich auf sie warte. Ja. Sie habe etwas vergessen.... Dokumente. Wo Miriam denn jetzt sei, fragte ich. Wissen sie nicht. Also wieder Miriam gesucht. Gefunden. Reingeschickt um die Dokumente zu holen. Hatte sie gar keine vergessen.
Dafür war dann meine Jacke weg... Intelligenterweise (keine Ahnung, wie man auf diese Schnapsidee kommen kann) einem Minibusfahrer mitgegeben, damit ich an ihr als Erkennungszeichen zu Miriam finde (die aber gar nicht die Jacke hatte). Die Logik hinter dieser Aktion bleibt mir bis heute verborgen... Wir auf jeden Fall beim Auto, die Jacke verschwunden und ich kurz vorm Wutausbruch (ich glaub, das war auch offensichtlich). Rumlaufen, Jacke suchen, Jacke nicht da. Erste böse Worte meinerseits. Nochmal Rumlaufen, Minibusfahrer und Jacke endlich gefunden und Abfahrt.
Zum Institut fuhr ich dann nicht mehr. Stattdessen schnell Mittagessen und dann mit Miriam in die Stadt und nach Bole. Ins LimeTree und zur Kathedrale und am Rückweg voll in den Regen gekommen. So nass war ich da noch nie. Also, dass einfach ALLES Klatschnass war, selbst die Regenjacke nichts mehr halt.
Und Tilman hatte heute wieder die Ehre, seinen Psychofreund am Arat Kilo zu treffen. Der hat sich inzwischen auch weiterentwickelt, berichtete er: Jetzt kann er den Leuten sogar schon durchs Fernsehen Schaden zufügen.
Sind doch alle mischugge...

Donnerstag
Nachdem ich anfangs angenommen hatte, es würde wieder ein absolut langweiliger Tag werden, nur am Institut rumsitzen und Zeit vertreiben, gabs dann doch noch mal (zum Abschied) so richtig „Action“: Wir fuhren zur Besichtigung zur City Hall, was allerdings recht kurz ausfiel, denn im Konzertraum, den wir zu besichtigen ausgemacht hatten, fand gerade eine Tagung statt. (Wie schön, obwohl extra ein Besichtigungstermin ausgemacht gewesen war!!!). Nachdem es mich dann fast über die unbeleuchteten Stufen mit dunkelrotem Samt überzogen auf die Schnauze gelegt hatte, kämpften wir uns durch die Baugerüste wieder ins Freie. Vermutlich auch Milenniumsvorbereitungen. Ein neuer Termin zur genauen Besichtigung – ungestört – für morgen. Ich entschied mich, nicht wieder zurück ins Institut zu fahren, sondern stattdessen mit Tilman und unserem Fahrer die Einladuungen auszufahren. Und das war eine gute Wahl, denn so lernte ich, während wir die Ministerien, Botschaften und Institutionen abklapperten, noch weite Teile Addis kennen, die ich bislang noch nicht gesehen hatte. Schön warm wars, schön sonnig. Und wieder schön viele Kinder, die uns was aufschwatzen oder bebetteln wollten. Was in unserer Verzweiflung schon zu Scherzen führte. So saßen wir gerade im Auto, als ein Weißer vorbeiging. Und Tilman fragte mich: „Willst nicht das Fenster aufmachen und ‚Farenji! Money, money!’ schrein?” Und ich darauf: „Ich sags dir: Ich würds echt tun, nur wir sitzen im Institutsbus, und ich möchte nicht, dass dann wer im Institut anruft und fragt, was da die Bediensteten aufführen!“
Nach der Arbeit zum Geldrausschleudern zum Markt nach Schuremira. Hat sich gelohnt – fette Ausbeute. Zum Schluss dann noch einen neuen Rucksack (für größeres Volumen fürs Handgepäck) gekauft und jetzt bleibt nur mehr zu hoffen, dass ich es irgendwie schaffe, alles so unterzukriegen, dass mein Übergewicht nicht auffällt.

Freitag
Natürlich: Nix zu tun. Und eigentlich nur kurz am Vormittag einen Termin bei unserem Institutsleiter um mein Praktikum zu besprechen. Lief ganz gut und interessant ab und schließendlich erhielt ich auch eine nette Praktikumbestätigung :-)
Ansonsten chattete ich noch mit Bulgarien und Griechenland, schickte ein paar Mails, schrieb eine Postkarte, die ich heute noch an meinen letzten International in die Türkei abschicken werde und ließ mir zu Mittag das letzte mal die Lasagne schmecken. Wobei auch ausgemacht wurde, dass sich Miriam und Tilman mit Elias und seiner Freundin heute abend zum Weggehen Bole treffen werden – was sich perfekt trifft, denn somit können sie mir helfen, mein ganzes Gepäck zum Flughafen zu schaffen :-)
Oh mein Gott: Das Video, bei dessen Dreh wir dabei waren... Das wird jetzt demnächst ausgestrahlt... Und anscheinend sind wir da echt drauf – als „Quotenweiße“ :-/
Am Nachmittag dann noch in die City Hall zur Besichtigung. Kaum verwunderlich, fand diesmal schon wieder eine Theaterprobe statt. Trotzdem liefen wir den Raum ab und zählten die verfügbaren Sitzplätze in den Rängen und Logen, liefen hinter die Bühne (wo es keine gesonderte Toilette für die Künstler gibt). „Das kann doch nicht wahr sein! Das kanns doch gar nicht geben!“, unser Institutsleiter. Anscheinend aber doch. Den Abgang machten wir quer durch die Probe über die Bühne, die Schauspieler schienen aber an so was gewöhnt zu sein, das brachte keinen aus der Ruhe.
Zurück ins Institut und hier sitze ich nun, noch 15 min bis zum Dienstschluss, dann heim, packen und ab zum Flughafen (und Lemongrass nicht vergessen mitzunehmen, ebenso wie noch was von der komischen Pflanze auszurupfen, die so nach Feige schmeckt...).
Mein Flug sollte pünktlich gehen und das hoffe ich auch, habe ich doch in Frankfurt lediglich 1,5 h Aufenthalt bis mein Anschlussflug nach Salzburg geht. Und darauf, den zu verpassen, bin ich nicht gerade versessen!

Abschließende Worte:
Die letzen Berichte klingen vielleicht nicht mehr so enthusiastisch... Liegt vermutlich daran, dass ich mich im Moment echt freu, heimzukommen, die letzten Tage ziemlich chaotisch waren und vor allem, weil ich noch immer angepisst bin wegen meiner abhandelgekommenen Kamera.
Generell war mein Praktikum und die Zeit hier aber wirklich toll und ich möchte gerne in ein paar Jahren wieder herkommen (und vor allem noch mehr vom Land sehen!!!). Gelernt habe ich einiges – zB auch, mein Studium nicht mehr schlechtzumachen, weil ich gesehen habe, dass es ja doch was bringt (haha). Dinge (und noch viel mehr Leute) zu ignorieren. Kontakte und Freunde und viele interessante (und nützliche) Menschen kennen gelernt (mit denen ich auch weiter in Verbindung bleiben werde) und in Zukunft was Nettes für den Lebenslauf ;-)...

Somit werde ich mich jetzt wohl verabschieden, eventuell mal noch einen Nachtrag für den Blog schreiben. Ansonsten sehe ich wohl einen Teil von euch in der nahen Zukunft wieder – worauf ich mich schon freue :-)
Bis bald und liebste Grüße,
Evchen/Äffchen/Evaki/...

Dienstag, 28. August 2007

Erste Mitbringseleinkäufe

Am Institut wieder recht chillig: Außer einem kurzen Meeting beim Institutsleiter und dem Auftrag, demnächst meinen Praktikum-Tätigkeitsbericht zu schreiben, nach dem dann meine Praktikumbestätigung ausgestellt wird.
Das hob ich mir aber für morgen auf. Stattdessen lieber Mails schreiben und eine neue Kamera daheim geordert. (Angi, es sollte die gleiche sein, wie du sie hast :-) )!
Als die Arbeitszeit vorbei war, setzten wir uns mit 4 Äthiopier/innen zusammen (ja, diesmal waren auch Mädels dabei!!!), eine total nette Runde und die eine davon war sogar Au Pair in Graz! Und spricht echt gut Deutsch mit der ganz speziellen Besonderheit: Mit leicht österreichischer Färbung! Also mal jemand, der keine Probleme hat, mein Deutsch zu verstehen :-D. Die Gespräche waren hauptsächlich sprachwissenschaftlicher Natur, über Russisch, Arabisch und natürlich Amharisch und Deutsch und Tilman und ich waren wieder ganz entzückt von der Ästhetik der arabischen Schrift und baten Hussein, dies und das auf Arabisch zu schreiben.Mit Surafel gingen wir anschließend noch mal zum Markt nach Schuremira hoch, um uns bezüglich Garbis (diesen Decken-Umhängen) umzusehen und kehrten erst zurück, als wir mit unserer Ausbeute zufrieden und die Geldtasche leer war. Morgen steht ohnehin noch mal (das letzte Mal) Geldwechseln an.

Montag, 27. August 2007

Unser Trip in den Süden: Rastafaris, Urwald und eine gestohlene Kamera

Hmmm....also, das wird ein Mega-Eintrag, aber es gibt ja auch einiges zu berichten!!!

Donnerstag
Um vier Uhr standen wir auf, wie gestern ausgemacht. Es regnete wieder in Strömen und Tilman war davon nicht gerade begeistert und wollte schon wieder ins Bett und weiterschlafen. Es wurde dann aber doch rasch besser und gegen 5 verließen wir das Haus, nachdem ich noch eine Notiz für die Familie geschrieben hatte, wo wir waren.
Bei der Minibushaltestelle war natürlich kein Taxi verfügbar, es standen aber ein paar Leute bei den kleinen Shops und wir stellten uns einfach mal hin und warteten. Es kam einer der großen orangen Stadtbusse und wir stiegen einfach mal mit ein, auch wenn wir keine Ahnung hatten, wohin der eigentlich fuhr. Die Leute fragten uns dann, wohin wir wollten. „La Gare“. Irgendwann zeigten sie uns, wo wir aussteigen und ein Taxi nehmen sollten. Der Bus war gar kein regulärer Bus im Linienverkehr, sondern zu dieser Zeit eher dazu gedacht, die Arbeiter zur Arbeit zu fahren. Wir mussten auch kein Fahrgeld zahlen...
Tatsächlich bekamen wir gleich ein Taxi, das uns zu La Gare brachte, wo wir auch sofort einen Minibus nach Shashemene erwischten, von wo aus wir nach Awasa weiterwollten. Kurz nachdem der Minibus losgefahren war, hatte ich im Dunkel auch schon die Orientierung verloren und da auch keine Landschaft zum Ansehen war, döste ich erst mal vor mich hin. Irgendwann hielten wir in irgendeinem Ort – Endstation. Der Attendant bedeutete uns, ihm zu folgen und brachte uns zu einem Privatauto, mit dem es dann weiterging. Draußen war es inzwischen hell geworden und die großartige Landschaft erkennbar: Die Bäume mit der flachen Krone, überall in der weiten Ebene verstreut. Die Besiedelung konzentrierte sich an der Straße: einstöckige Lehmhütten und Lehmhäuser. Die Lehmhütten im Rundbau mit Strohdach, die Lehmhäuser eckig mit Wellblechdach. Typischerweise sah das ganze folgendermaßen aus: ein Grundstück (ca. 70 x 50 m), begrenzt durch eine Buschreihe (oder Baumreihe oder Kakteenreihe oder eine beliebige Mischform) und auf diesem Grundstück 2-3 Hütten. An eine der Hütten angebaut eine aus Astwerk bestehende Umzäunung für das Vieh: Esel, Ziegen, Schafe und Kühe. Und natürlich überall auch Hunde. Nur wenige der Häuser an die Stromversorgung angeschlossen. Und tatsächlich wird es hier ganz klar, dass es in diesem Land viel mehr Kinder als Erwachsene gibt, denn zumeist sieht man eine/n Äthiopier/in und daneben ca. 4 Kinder (hohe Geburtenrate, geringe Lebenserwartung).
Ach ja: a propos Hunde...Da laufen ja die ganze Zeit die Viecher über die Straße (oder bleiben mitten drauf stehen). Meistens Schafe und Esel. Doch wir erwischen einen Hund. Der eigentlich brav am Straßenrand stand und dann doch meinte, sich zum Auto drehen zu müssen. Ich hatte gerade wieder geschlafen, als ich den Knall hörte und als ich mich umdrehte und aus dem Rückfenster sah, bekam ich gerade noch mit, wie der Hund umfiel.
Endlich in Shashemene... Stadt... na ja... man muss halt den Stadtbegriff neu definieren. Nur niedrige Häuser (kaum eines, das mehr als nur Erdgeschoss besitzt). Vornehmlich auch hier Lehmhütten. Wir befinden uns hier im „Jamaica-Viertel“ – also bei den Rastafaris und gehen erst mal einen Kaffee trinken. Dann statten einem kleinen Museum einen Besuch ab und werden von einem Typen mit zusammengebundenen Händen um Geld angeschnorrt. Man erklärt uns den Grund für seine zusammengebundenen Hände: der raubte nämlich regelmäßig Touristen aus und wanderte ins Gefängnis. Die Hände haben ihm dann seine Familie zusammengebunden. Unsere nächste Station war ein Compound, der ganz groß die äthiop. Flagge aufs Tor gemalt hatte und auf dem gerade Bauarbeiten im Gange waren. Wir dürfen uns gerne umschaun und bekamen einen 18-jährigen Rastafari als Führer zugewiesen. Schöne Obstbäume im Garten: Mango, Granatapfel, Avocado,...
Und ich bekam so langsam fast die Krise, weil das, was als Beschreibung im Reiseführer steht, noch ziemlich harmlos ist im Vergleich zu dem, was hier tatsächlich abgeht. „I love Haile Selassie... Haile Selassie is the light... he is of the same spirit as Jesus…Rasta love everywhere…”. Meine gesamte Zeit beim Militär hat mich psychisch nicht so fertig gemacht wie diese paar Stunden in Shashemene. Absolut irre! Diese Subkultur und ihre Kombination von Religiosität und Emperor-Verehrung ist zwar kulturwissenschaftlich sicher interessant, aber nicht unbedingt etwas, mit dem ich mich identifizieren könnte, auch wenn die Leute so ja echt nett waren. Wir nahmen auch unser Mittagessen dort ein: Maccaroni mit Getreidelaibchen und Tee, zu dem Tilman sagte: „Hmm, der schmeckt auch voll gut – da muss wieder was Spezielles drin sein.“ „Ja, das ist der Chlorgeschmack... Das schmeckt auch so, wenn ich mir den Tee mit unserem Leitungswasser mache“.
Nach dem Essen rauchten sie sich ein, während ich anfing, mein Tagebuch zu schreiben (à meine große Hilfe um alles verarbeiten zu können) so gut es ging und ich nicht durch pseudo-philosophische Gespräche bzw dem anschließenden Bibellesen abgelenkt wurde, wo das „Amen“ durch „Tscha, Ras Tafari!“ ersetzt wird. Kann mir vorstellen, dass das hier für ein paar Leute das Paradies wäre...
Schließlich Umentscheidung: Nicht Awasa, sondern Wondo Genet mit Daviah (dem 18-jährigen Rastafari) als Wegbegleiter. Wir wurden mit einem stylishen Auto zum Busbahnhof gebracht und hatten so noch Gelegenheit, auf der rumpeligen Fahrt die Stadt zu sehen. Ja, wäre ich hier gelandet (und nicht in Addis), dann wär das ein gescheiter Kulturschock gewesen! Abgesehen von ein paar Autos Pferdewagen (Einspänner) zur Fortbewegung, zum Tranport Eselwagen (auch wenn es nicht wirklich Wagen sind. Da gibt’s eine Deichsel und eine Fläche aus Holz oder Blech auf dem dann Menschen oder Güter Platz gefunden haben.
Busbahnhof – Bus – Warten, bis er voll ist. Wechseln, weil er gar nicht fahren kann, weil er kaputt ist. Der Busfahrer präsentiert uns seine Hitparade, die ich Mittels meines MP3-Players verschmähe. Der Mann neben mir kaut Chat, dessen bitteren Geschmack er mit Zucker ausgleicht, den er in einem kleinen Plastikbeutelchen in seiner Hemdtasche aufbewahrt.
Endlich da und gleich in den nächsten Minibus, der allerdings ein Mini-Minibus war und zu den heißen Quellen hinaufrumpelte, mit einer Geschwindigkeit und Gehopse, das mich an die Steyr-Truppentransporter erinnerte und viel Anstrengung, nicht von der schmalen Bank zu fallen, forderte. Bei den heißen Quellen wollte man uns zuerst nicht auf den Berg gehen lassen, sondern ins Bad schicken, aber wir bestanden darauf, durften 40 Birr zahlen und dann dem Führer folgen. Gleich nach 30 m war ein Bach zu durchqueren. Auf ein paar Steinen. Natürlich stand ich genau in der Mitte dann im Wasser. Es war nicht recht weit und Gott sei Dank auch nicht wirklich anstrengend zu gehen und so kamen wir schon bald zum mit Kuhfladen durchzogenen Urwald, der Weg immer wieder mit heißen Quellen (die sind wirklich heiß) gesäumt. In denen wird nicht nur Wäsche gewaschen, sondern auch Essen gekocht. Die oberste der Quellen barg eine Überraschung: Ein kranker Mensch, den sie mit warmem Schotter aus der Quelle zugeschüttet hatten und der nur durch die Bewegung seines Kopfes, über dem aber auch noch so was wie ein Jutesack lag, erkennbar war. Dann kamen auch noch weitere Männer aus dem Busch (die Bezeichnung ist hier wirklich zutreffend!) und als hätte ich heute nicht schon genug Eindrücke erlebt, hatten die auch noch allen Ernstes Speere mit Metallspitzen dabei (so richtig wie im Film). Eine weitere Quelle mit Badenden. Ob wir denn nicht auch Lust hätten? Ääh, nein, danke... Wir haben ja nix zum Abtrocknen dabei. Am Rückweg bekamen wir dann diese Gelada Baboon-Affen zu Gesicht, die auf den Bäumen herumturnten, was wirklich eindrucksvoll war!
Zu Fuß zurück zur Siedlung und Daviah schlug vor, beim Haus eines Freundes vorbeizuschaun, da können wir eventuell auch übernachten. Das Haus war auch aus Lehm gebaut, mit Wellblechdach, und davor noch eine Rundhütte. Außerdem war es angemalt – außen sowie innen, weil der Eigner Künstler war (und sich zur Zeit in Addis aufhält). Im Inneren 3 gemauerte Schlafstellen und ums Eck Küche & Atelier in Einem. Es gab Lemongrasstee und Brot und die Burschen rauchten wieder. Wir sahen uns die Bilder an und kauften dann jeder eines (bzw. beide das Gleiche – einen Druck mit Eseltreiber im Wald als Motiv). Und können hoffen, dass das Geld jetzt noch zurück nach Addis bzw zur nächsten Bank reicht, um dort wechseln zu können, was auch nicht so sicher ist, weil wir ja nicht unseren Pass zum Ausweisen mitgeschleppt haben. Ich hätte mir so gerne die nassen Schuhe ausgezogen, aber dann wäre das Reinschlüpfen noch umso schlimmer gewesen (weil dann zusätzlich auch noch kalt), also ließ ich sie an und berief mich erneut auf meine soldatische Vergangenheit, die auf dieser Reise wirklich manchmal ein Vorteil ist! Langsam machte sich Müdigkeit bemerkbar. Ich ging mit Tilman noch mal vor die Türe, weil er draußen noch mal Rauchen wollte. Inspiriert von der Erläuterung, die wir gerade bekommen hatten, die Augen der Hyänen leuchten im Dunklen, interpretierte ich gleich zwei gelbe Lichter als solche und fragte Tilman, ob „das da hinten“ eine Hyäne sei. Wir gingen näher zum Haus. Ich gab dann gleich noch mal (Fehl-)Alarm, weil ich wieder irgendwas Dunkles da stehen sah, das auch er ausmachen konnte und dann meinte, wir sollen doch lieber besser wieder ins Haus gehen. Und drinnen machten wir dann noch die beiden anderen Äthiopier mit dem Hyänen-Gerücht unruhig. Nach dieser Panikmache endlich schlafen.

Freitag
Wir standen wieder recht früh auf. Daviah und Tilman gingen zu den heißen Quellen, ich blieb lieber im Haus, um Tagebuch zu schreiben und mal ein bisschen alleine zu sein und zu entspannen. Im Garten rupfte ich ein paar Blümchen und steckte sie zum Pressen in meinen armen Reiseführer, der davon jetzt sicher voll versaut wird. Schnappte mir die kopierten Seiten aus dem Reiseführer aus dem Goethe Institut, die Tilman mitgenommen hatte und die teilweise sehr böse, zynische aber witzige und zutreffende Beschreibungen und Kommentare beinhalten. Zum Frühstück Samosa (Linsentaschen), Mais und Bohnen und Kaffe mit Ingwer. Lauter Sachen, die ich so zubereitet nicht kannte, aber voll gut fand.
Am Vormittag brachen wir dann zurück nach Shashemene auf, eine Fahrt, auf der mich nicht nur wieder die Landschaft faszinierte, sondern auch ein Schild, in dem die Eltern gebeten wurden, doch bitte ihre Kinder einzutragen und registrieren zu lassen, damit ihnen auch ihre Rechte zugestanden werden können.
In Shashemene trennten wir uns von Daviah und fuhren weiter nach Ziway mit seinem See. Als wir ankamen, suchten wir erst einmal die Bank auf, um zu versuchen, meine Euro zu wechseln. Ich hatte glück – mein Universitätsausweis wurde akzeptiert. Das aufgedruckte Datum für die Gültigkeit des Ausweises (noch dazu seit einem Semester längst abgelaufen) wurde als Ausweisnummer notiert. Mein 50-Euro-Schein durch die Geldmaschine laufen gelassen, wobei er immer zu einem Piepsen führte. Bankangestellte, die erst mal ein paar Minuten einen Farenji bestaunen mussten, bevor sie mit der Arbeit fortfahren konnten. Endlich bekam ich doch mein Geld gewechselt und wir konnten uns ein Hotel suchen. Das war auch echt ganz nett – in einem schönen Garten gelegen und ein nettes, sauberes Zimmer. Auch wenn das Warmwasser bei der Dusche nicht funktionierte (beim Waschbecken aber schon!) und die Türen mal wieder nicht wirklich schließen wollten. Dafür gabs ein Moskitonetz. Wir machten noch einen Spaziergang zum See. Fantastische Vögel in unglaublichen Schillerfarben. Papayabäume. Pferdewagen. Hunde, die ein totes Pferd fraßen. Ein toter Hund, der aufgebläht im Straßengraben lag. Fischskelette überall. Also: überhaupt überall Aas, aber trotzdem wirklich schön!
Irgendwann am See war dann auch meine Kamera weg. Was mich ziemlich anging. Mehr sogar noch wegen der wirklich tollen Bilder als der Kamera an sich und mir ist auch nach wie vor nicht klar, wie das passieren konnte, ob ich sie wirklich liegengelassen habe und sie dann gleich weggenommen wurde (denn es können nur wenige Minuten gewesen sein) oder richtig geflaucht (obwohl uns eigentlich niemand nahe gekommen ist). Lauthalses Schimpfen und Beschuldigungen sparte ich mir, dafür versuchte ich, das ganze noch irgendwie Positiv zu sehen und musste dabei feststellen und eingestehen, dass meine Überlegungen ziemlich hart waren:
Die Kamera war auch schon ein paar Jahre alt, ich hatte mir schon überlegt, eine neue zu kaufen, was ich aber noch nicht wollte, weil die alte ja doch noch gut funktionierte
Der Akku war mehr oder weniger leer. Der Flaucher hat weder mein Ladegerät noch den Anschluss für den Computer, die beide speziell für das Modell sind à Er kann also eigentlich mit der Kamera gar nichts anfangen (Schadenfreude).
(und komischerweise ist das fast der größte Trost, was mich allerdings hinsichtlich meines Charakters leicht erschreckt) Der Triumph darüber, zu wissen, dass ich – ätsch – dafür länger leben werde und nicht nur die höhere Lebenserwartung habe, sondern auch ein wesentlich erfolgreicheres Dasein führe.

Samstag
Ich hatte echt gut geschlafen, das Hotel lag sehr ruhig. Mein Bauch juckte noch immer von den Flohbissen, die mich schon gestern geplagt hatten. Wir checkten aus und suchten uns in der Nähe der Bushaltestelle ein Cafe, um dort zu frühstücken: Kuchen, Kaffee und danach noch einen Fruitjuice. Es war warm, eigentlich fast heiß und super schön sonnig.
Wir fanden einen Bus, der Richtung Addis fuhr und uns in Debre Zeyit aussteigen lassen würde. Ein normaler Bus. Und der brauchte ewig, bis er alle Fahrgäste beisammen hatte und voll war. So fuhren wir eineinhalb Stunden im Ort auf und ab und da die Sitzreihen schief waren und ich auf der Gangseite saß, rutschte ich immer fast hinunter. Was sich besserte, als der Busvoll war und noch einige Leute auf Holzhockern am Gang saßen. Dieses Gequetsche drücke mich auf meinen Platz zurück.
Wieder war ich froh um meinen MP3-Player. Auch jetzt wieder atemberaubende Landschaft. Am Straßenrand ein umgekippter Lastwagen. Im Umkreis liegen tausende von Tomaten, die er geladen hatte. Welch ein Farbkontrast zur sonst überwiegenden Komplementärfarbe Grün! Immer wieder Fahrzeuge mit Pannen am Straßenrand. Oftmals kein Wunder bei den Kisten, die da unterwegs sind. Und natürlich Tierkadaver, die schon einfach irgendwie dazugehören und immer eine Ästhetik des Grauens ausüben.
In Debre Zeyit suchen wir ein Hotel am Lake Bishoftu auf, was eine Weile braucht, bis wir es gefunden haben (weil wir 1x schon um 20 m vorbeigelaufen sind, weil ja auch nix angeschrieben ist!). Wir essen dort, haben einen Blick auf den See, der im Krater unter uns liegt, und gehen nach dem Essen die Straße entlang, in der wir unvermutet auf einige Prunkbauten stoßen, bevor wir plötzlich richtig am Kraterrand stehen und auf den See hinuntersehen, jedoch nicht hinuntersteigen wagen (zu steil) und uns dann schnell aus dem Staub machen, da die Kinder schon wieder beabsichtigen, ihre Mannschaftsstärke zur Belagerung zu vervielfachen. Die Rückfahrt verläuft problemlos. Zurück in Addis holen wir noch schnell ein paar Sachen zum Essen und dann nix wie heim, unter die Dusche, Abendessen und ins Bett.

Sonntag
Gibts eigentlich nix großartiges zu berichten. War mehr zum relaxen da, bzw habe ich die Zeit sogar sinnvoll genützt und eine Arbeit für die Uni fertiggeschrieben und eine weitere angefangen bzw halbfertig gebracht :-)
Und früh ins Bett!

Reisepläne

Der Mittwoch am Institut war wieder mit Lernen für die Uni ausgefüllt: Politische Termini und Kunstbegriffe, die mir zwar bekannt waren, aber nicht wirklich klar.
Des Weiteren fanden auch wieder einige Mails ihren Weg durch den Datenstrom ins Heimatland (einige an Julia, um sie zu ihrem Arbeits-Abrüsten zu beglückwünschen und an unsere Uniorganisation bezüglich Betreuung der neuen Austauschstudenten).
Gegen Ende des Tages schnappte ich mir dann das entlehnte Minderheitenschutz-Buch aus der Tasche und begann es weiter zu exzerpieren. Elias rief Tilman an und wir verabredeten uns für den Abend im Romina. Natürlich fing es kurz bevor wir losmussten wieder aus vollen Kannen zu gießen an und als wir ein paar Minuten gewartet hatten, der Regen jedoch nicht aufhören wollte, borgten wir uns den schönen, großen lila Schirm vom Institut und liefen los. Als wir im Romina ankamen, waren wir trotzdem vollkommen durchnässt, da es einfach oft wirklich unmöglich ist, einzelnen Lacken und Bächen, die über die Straße rinnen, auszuweichen. Meine Schuhe waren auf jeden Fall nass, ebenso die Hose bis zu den Knien hinauf. Ziemlich ekelhaft. Ziemliches Glück hatte ich, als ich mit dem ganzen rechten Fuß in eine Stacheldrahtrolle stieg, die sich Gott sei Dank nur um meinen dünnen Lederschuh legte und nicht durchbohrte – das hätte dumm ausgehen können.
Wir holten uns von Elias und seiner deutschen Freundin einige Reisetipps für die kommenden Tage. Und bekamen eine Erklärung für die vielen verkrüppelten Menschen, die auf den Straßen rumlaufen/krabbeln/sich dahinschleppen/.... Meine Verwunderung darüber, dass solche Verstümmelungen normalerweise nicht von einfachen Unfällen herrühren, war demnach gerechtfertigt, denn Elias meinte, dass die Eltern solche Behinderungen absichtlich herbeiführen, damit sie beim Betteln mehr Mitleid erregen und somit besser erwerbsfähig sein. Eher weniger glaube er die Geschichten, nach denen diese Verstümmelungen von Überfällen der Stämme herrühren. Denn die Zeit des Genozids – so Elias – fällt nicht in diesen Zeitraum, die liegt schon länger zurück und würde sich auch nicht dermaßen ausgestalten. Mit halb abgefrorenen Zehen kamen wir gegen 22 Uhr heim und machten uns ans Packen für den morgigen Tag, für den es früh (um 4 Uhr) aufzustehen hieß.

Mittwoch, 22. August 2007

Ka Ahnung wos des haßn soi, aba ok...

Τιποτα δε περασε, ούτε και που θα ξαναρθει

Ein aufgedonnerter Minibus

Da gestern sowieso alle zu spät gekommen sind (wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse), ließen wir uns diesmal auch Zeit, ins Institut zu kommen. zu tun war sowieso nix. Also erstmals E-Mails schreiben und fürs „Fin de Siecle“ lernen. Mit Hilfe des Wikipedias recherchierte ich die relevanten Namen der K.u.K-Monarchie, die mir nichts sagten, aber für das Verständnis des Skriptums unumgänglich waren.
Das Mittagessen war ein bisschen ein Theater (aufgrund des Stromausfalls). Keine Lasagne. Also Spaghetti bestellt. Gabs aber nur mehr 1 Portion (???) die ich dann im Endeffekt bekam und Tilman Salat essen musste. Vorsatz: Abendessen „gescheit“ im Romina. Gerade als ich meine ersten Bissen Spaghetti aß, kam die Kellnerin wieder und fragte, ob ich denn jetzt Lasagne haben wolle (es gab wieder Strom) – Pech gehabt.
Gut zurück zur Arbeit: Internet & Lernen & Chatten. Den Abschluss machte ich, indem ich mir – passend zu meiner Bakkarbeit – ein Buch über Modernen Minderheitenschutz auslieh (das ich mir vermutlich auch noch in Österreich bestellen werde und gesellte mich dann zu der Männerrunde Tilman, Surafel und Hussein in die Cafeteria (nach wie vor haben wir kaum Frauen kennen gelernt). Es begann ein „Ausfrag-Gespräch“ über Äthiopien – Deutschland – Österreich. Politik, Kultur, Religion, Kommunismus,... was zum Teil faszinierende Erkenntnisse brachte!
Zum Abendessen Fisch im Romina, der wieder ausgezeichnet war! Die anschließende Heimfahrt barg ein weiteres Abenteuer: Wir saßen vorne im Minibus. Die Scheiben waren so beschlagen, dass ich keine Ahnung hatte, wie der Fahrer bei dieser Dunkelheit was sehen wollte, ging auch trotz Scheibenwischer auf der Außenseite und händisches Wischen auf der Innenseite nicht weg. „Sieht der denn überhaupt irgendwas?“, fragte ich Tilman, aber der reagierte nicht wirklich, weil er so fasziniert war von dem Bild, das sich uns am Armaturenbrett und der vorderen Abdeckung bot. Diese war nämlich – abgesehen von den obligaten Samtdeckchen mit den Bommeln dran, weiters verziert mit einer Mickeymouse-Figur, glitzerndem Pilzpantoffel und anderen Glitzerteilchen und oberhalb an der Windschutzscheibe hingen überdies glitzernde Wackelspiralen und kleine „Christbaumkugeln“ zur Verzierung. Die Türen waren außerdem mit Leopardenfellimitat ausgekleidet. Ich versteckte mein Gesicht so weit es ging in der Jacke, ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen und auch neben mir hörte ich Tilman immer wieder unterdrückt vor sich hinlachen.

Anmerkung:
Aufgrund des Ausfluges, den wir die nächsten Tage in den Süden unternehmen wollen, wird es voraussichtlich bis zum Montag keine weiteren Einträge, Mails oder sonstige „Lebenszeichen“ meinerseits geben ;-)

On special demand:
I have to admit that I m talking 8 h per day to a greek god residing in the center of the world with everywhere else outskirt of Athens.
bzw. the "new suggestion":
I have to admit that I m talking 8 h per day to a greek god living in the centre of the world (thats Athens)


The tawdrily dressed minibus

As nobody arrived at the institute on time yesterday (when the cat leaves the house, the mice are dancing), we also did not hurry to get there. Anyway, there was nothing to work on.
So my occupation concentrated on sending e-mails and studying for the “Fin de Siecle” austrian-hungarian-monarchy exam, where I needed the help of the Wikipedia-Encyclopaedia to understand who all the k.u.k. guys mentioned in the scriptum are. Otherwise no chance to understand the text.
To get the lunch was a mess (caused by power failure). No lasagna. Ok, spaghetti then. Just 1 portion available (???). I had the luck to get it in the end cause the sauce contained meat (and Tilman is vegetarian). So he had to settle for a salad and we came to the decision to take a copious lunch at the restaurant at Arat Kilo. As soon as I took the first mouthful of spaghetti, the waitress appeared again, asking me if I d like my lasagne now. Electricity was back.
Well, back to work: surfing the net & studying & chatting. I completed my day in the institute with grabbing a book about protection of minorities from the library – appropriate to my bachelor-thesis and joined the male circle of Tilman, Souraphiel and Hussein in the cafeteria (still we rarely got known to any Ethiopian girls). An interrogation-communication started off, including Ethiopia – Germany – Austria. Policy, culture, religion, communism,... which brought some fascinating results!Delicious fish, rice and french fries for dinner at Arat Kilo. The subsequent tour home held another adventure: we took our seats in the front of the car. The front screen was so steamy, that I had no idea how the driver could see in this darkness. Neither the windscreen wipers on the outside, nor the manual mopping on the inner made an bettering. “Can he see anything at all?”, I asked Tilman, but he did not react, was too fascinated by the view of the dashboard and its coverings. This included – apart from the obligatory velvet-covers with pompons (mainly red like in all minibuses) – twinkling mini-slippers and other sparkling junk, a mickey-mouse figure in the corner and a jiggling sparkling helix as well as some kind of small “Christmas-ball ornament” fixed on the front window for decoration. Moreover the doors were lined with leopard-fur-imitation. As far as possible I tried to hide my face under the anorak, just could not master my outburst of laughter and realized that Tilman was fighting with himself for the same reason.

Dienstag, 21. August 2007

Geknüpfte Kontakte

So, heute stelle ich wieder gleich 2 Einträge hinein...Den vom Wochenende und den vom Montag.
Die Fahrt Montag Früh mit dem Minibus zum Arat Kilo brachte eine weitere Erfahrung: Der Minibus rollte zuerst ins Hüttenviertel hinunter und dann noch ein wenig den Hügel auf der anderen Seite hinauf. Blieb plötzlich stehen und eine Bagage Jungen begann, ihn rückwärts wieder hinunterzuschieben. Ich wunderte mich schon, was jetzt los war, da lieferte Tilman die Erklärung: „ Ah, ja, die schieben da Rückwärts an. Voll komisch. Das hab ich schon mal gesehen...“ Gut, ich noch nicht, dafür jetzt erlebt.
Im Institut eröffnete mir ein äthiopischer Sprachschüler: „I saw you on TV... at the Panel Discussion“ (die von „Federalism and Democracy“). Echt krass, keine Anonymität, als Weißer fällt man auf wie der bunte Hund :-D
Ich schrieb die Geschichte für den Brief an meinen kleinen Bruder fertig, bestätigte eien Prüfungstermin an der Uni, recherchierte was für die Uni und schrieb einige Mails. Unter anderem auch an den Typen vom ISS, den wir beim „Southern-Sudan-Seminar“ kennen gelernt hatten. Und bekam eine prompte Antwort mit der Zusage zu Kooperation mit unserem Friedenszentrum in Klagenfurt, wollten diese ein Seminar im Zusammenhang mit Afrika organisieren. Wäre zumindest eine tolle Möglichkeit, da diese Institution nicht nur sehr renommiert ist, sondern auch mehrere afrikanische Länder (Ost- und Südafrika) abdeckt.
So verbrachte ich meinen Tag auch ohne jegliche Arbeitsaufträge seitens des Institutes sinnvoll und zum Ausklang studierte ich noch den Bestand an philosophischen Werken in unserer Bibliothek.
Nachdem ich meine Post aufgegeben hatte, entschlossen wir uns, wieder am Arat Kilo ins Romina essen zu gehen (zu faul zu kochen und es ist ohnehin so billig) und diesmal bekam ich mein Pepper Steak: tolle Portion mit 2 großen Stücken Fleisch, Pommes und Reis und das Fleisch war echt super!!!
Tilman erzählte mir von einer Sprachschülerin, die ihm bestätigt hatte: äthiop. Frauen gehen ab Abend nicht weg. Sie musste immer um 18 Uhr daheim sein. Von der Uni wurde sie am Abend (17 Uhr) von ihrem Vater abgeholt. Der abendliche Deutschkurs am Goethe Institut stellte somit das erste Mal dar, dass sie „länger“ ausbleiben durfte.

Mein verlorenerer Kampf mit der Druckerei und eine geheime Küche

Wie auch die letzten Tage war auch heute wieder viel Arbeit zu bewältigen. Und dann er Krampf mit der Druckerei... die ja hoch und heilig versprochen hatte, die Sachen gegen halb Neun am Vormittag zu bringen. Natürlich passierte nix. Erneuter Anruf: Ja, in 10 min....nein, halbe Stunde...ah, innerhalb von einer Stunde ist er da. Natürlich nix... In der Nachbesprechung des gestrigen Seminars im Hilton informierte ich den Institutsleiter, der das recht locker nahm. Ist ja normal so. Wir sollten noch bis zum Nachmittag warten und dann würden wir unseren eigenen Fahrer hinschicken. Das war dann aber doch nicht nötig, da die Kuratorin gerade von der Druckerei kam und unsere Sachen mitgebracht hatte. Eine Inspektion der Lieferung ließ unseren Institutsleiter dann aber doch an die Decke gehen (und auf Französisch vor sich hinschimpfen). Es waren nicht nur die Anzahl falsch (oft viel zu viele wie 1000 statt 500), sondern das Programm auch noch ganz verkehrt gedruckt.
Ich bekam den Auftrag, der Druckerei dies mitzuteilen und ihnen zu erklären, was da alles nicht passte. Meine Frage, ob er ein Exemplar zur Hand habe, verneinte er. Er werde es sich aber gleich ausdrucken und in ein paar Minuten zurückrufen. Tat er natürlich nicht und auf wiederholte Rückrufe reagierte niemand, bis mal eine Sekretärin abnahm und meinte, der Herr sei nicht im Hause.
Da wir nun ohnehin viel zu viele Einladungskarten hatten, sollten wir die schönsten raussuchen (manche Drucke waren ein wenig verschwommen) und auslieferbereit machen. Kurz vor Vier war ich dann fertig und machte mich (aufgrund starker Kopfschmerzen, kein Wunder bei dem Theater) auf den Heimweg.

Samstag früh gings Gott sei Dank wieder gut. Gestern war im Übrigen versucht worden, unsere Steckdosenleiste im Vorraum, die keinen Strom mehr geführt hatte, zu reparieren (an der hängt nämlich auch der Kühlschrank!). Natürlich klappte wieder nix, obwohl Tilman meinte: „Als der Typ gegangen ist, hat er gemeint ‚Everything is working now!’“ (Dass so was in Äthiopien nie stimmt ist fast der Regelfall).
Am Nachmittag gingen wir nach Bole, zu Fuß, mal wieder einige Kilometer „Auslauf“, fast bis zum Flughafen. Wir hatten Hunger, Vorhaben, was zu Mittag zu essen. Unterwegs wollte uns allen Ernstes einer einen Holzstuhl (bzw Holzhocker) andrehen und während er neben uns herlief um den Preis verhandeln, bis Tilman meinte: „Even for one Birr – i would not take it!“. War ja prinzipiell ein ganz schönes Stück – aber: Was sollen wir zu Fuß mit einem massiven Holzhocker?
Beim Mittagessen im Lime Tree (ich hatte Mezze, Taboullet und Humus, wie damals im arab. Restaurant – das Zeug ist sooo gut :-) )Das Gespräch kam nun immer öfters auf Dinge, die uns hier annerven (obwohl ich da im Gegensatz zu Tilman sogar manchmal noch drüber lachen kann), wie, dass nix funktioniert, die Leute auf der Straße mit ihren Anliegen und absurden Ideen, die Kinder mit ihrem „money, money“,....
Es ist echt kein Wunder, dass manche Entwicklungshilfeprojekte nicht greifen können. Von Äthiopiern bestätigt: Es geht nur ums Überleben (meistens für einen Tag), alles darüber hinaus ist wurscht... Langfristige Planung, etc...
Kurios: Verrosteten Panzer in einem Garten gesichtet – mit einer Wäscheleine rumgespannt :-)

Jaja, unsere Küche... Die ist des Nachts abgesperrt... Aufgrund der Eventualität, es könnte jemand im Dunkel über die mit Stacheldraht versetzte Mauer klettern, in die Küche einbrechen und den Injera-Kocher oder die Kochtöpfe flauchen...
Gut, nun zum Sonntag: Schon gestern hatte ich begonnen, einige Briefe zu verfassen, und heute Vormittag fuhr ich damit fort. Außerdem musste ich unbedingt wieder mal Wäsche waschen, für die ich tatsächlich dann auch noch ein paar Sonnenstunden zum Trocknen erwischte (die einzige Möglichkeit, das Zeug auch wirklich trocken zu bekommen und nicht 1 Woche hängen lassen zu müssen, und dann ist es noch immer klamm). Also setzte ich mit auf einem Sessel zu meiner Wäsche in die Sonne und lernte ein wenig österreichisch-ungarische Geschichte für die Uni („Fin de Siecle“). Als es zu Tröpfeln begann, holte ich die Wäsche ein, die wirklich schon halbtrocken war, hängte sie über alles mögliche in Zimmer und Vorraum auf und packte meine Sachen, um in die Stadt zu gehen und mich nach ein paar Sachen umzusehen, die mich mit nach Hause nehmen kann. Natürlich fing es, gerade als ich an der Minibushaltestelle vorbeigegangen war, an zu schütten. Die Leute RANNTEN, um sich irgendwo unterzustellen, als sei es der Weltuntergang, oder sie aus Zucker. Ich glaube, viel anders würde es auch nicht aussehen, würde das Militär wieder kommen und schießen.... Ich marschierte weiter und einige Leute begannen mir zuzurufen und mit Vehemenz, fast verzweifelt zu deuten, ich solle mich doch auch unterstellen. Denen ist es unbegreiflich, wie man im Regen rumlaufen kann. Vom Arat Kilo nahm ich dann den Minibus nach Schuremira, wo ich ein paar Sachen besorgte und zu Fuß heimging.Tilman war am Vormittag in einem evangelischen Gottesdienst gewesen und erzählte mir von seinen Erfahrungen dort. Er empfand es als „unpassend und keine Möglichkeit zur Besinnung“, weil der „schmierige Prediger“ eher als Animator funktionierte, eine Band wie eine Popgruppe aufspielte und die ganze Zeit „Clap your hands“, „hands up“,... geordert wurde. „Dann doch lieber die Orthodoxen“, meinte er.

Freitag, 17. August 2007

Southern Sudan Seminar

Am Morgen ließen wir uns ein wenig Zeit, ins Institut zugelangen, wo ich dann mit meiner Arbeit fortfuhr, die Einladungskuverts fertigzustellen – die von der Deutschen Botschaft zu etikettieren und mit dem roten „Invitation“-Stempel jedem Umschlag ein Siegel aufzudrücken. Weiters ordnete ich einen Anruf bei der Druckerei an, die zusagte, die Aufträge heute zu liefern, ja, sogar selbst vorbeizubringen. Der Institutsleiter ließ sich blicken, als ein Fax kam, das zu einem Seminar über „Sudan - Two years after the comprehensive peace agreement: The Challenge of consolidating peace" laden ließ. „DAS klingt interessant! Lunch ist da auch noch angeschlossen... Ich habe heute leider schon was anderes vor...“. Ich las mir dann die Beschreibung durch und es tat mir leid, nicht hingehen zu können, weil es so perfekt zu meinem Friedensforschungsstudium passte. Dann überlegte ich, dass Tilman vermutlich auch Lust hatte, mitzukommen und unseren Chef einfach zu fragen, ob er uns entbehren könne und die Erlaubnis erteile, ohne ihn dort hinzugehen (ist ja immer so eine Sache... Prinzipiell dürfen ja Praktikanten Organisationen nicht offiziell repräsentieren). Wir bekamen die Erlaubnis ohne Probleme und waren so schon wenige Minuten später am Weg zum Hilton. Dort fand das Seminar wieder im selben Raum wie die Tagung letzten statt, nur diesmal noch schöner ausgestattet und mit noch farbenprächtigeren Rosen dekoriert. Wie nahmen auch die selben Plätze ein wie beim letzten mal, nur zusätzlich zum Schreibblock, Stift, Wasser und Rosen gabs diesmal auch noch ein Übersetzungsgerät für jeden (Englisch und Französisch).
Gleich zu Beginn konnten wir uns noch mit Kaffee und Kuchen versorgen und lernten dabei den für die Veranstaltung Verantwortlichen des ISS (Institute for Security Studies) kennen, der uns seine Visitenkarte gab und bat, ihn auf die Mailverteilerliste des Institutes für zukünftige Veranstaltungen zu setzen. Also schon mal eine Anwerbung, die sich bei der Nachbesprechung und Evaluierung unseres eigenständigen Unterfangens sehen lässt.
Das Seminar heute war echt super! Die Sprecher wirklich gut, vor allem die erste Dame – eine Researcherin aus South Africa zeigte große Kompetenz, sodass ich mir die ganze Zeit dachte: Genauso möchte ich das später auch können!
Auch die Technikhandhabung klappte wesentlich besser als beim letzten mal (keine überladenen Power Points), leider konnte sie nicht alles ausführen, weil die Zeit zu knapp war, somit wurden die letzten Folien nur kurz angeschnitten.
Der zweite Sprecher, der sudanesische Botschafter, redete ohne visuelle Unterstützung, wurde jedoch ebenfalls in die Technik involviert, da während seines 20-minütigen Vortrags die Techniker des Hiltons die Leinwand umstellen mussten und das ganze ab und zu auf die Redner zu kippen drohte. Die anschließende Diskussion (mit weit weniger Formalitäten und Danksagungen diesmal) brachte interessante Fragen und – konkrete Antworten darauf hervor. Es tat mir zunehmend leid, dass ich über zu wenig Hintergrundwissen zu den einzelnen Ausführungen, zur Geschichte, politischen und geografischen Lage des Sudans wusste und nahm mir ganz fest vor, durch eine gründliche Nachbereitung noch daraus zu profitieren.
Das anschließende Lunch nahmen wir wieder im Atrium ein und ich verhielt es mir, die beiden russischen Diplomaten neben mir mit meinem tollen Russisch zu belästigen ;-) gerade, da der eine mit dem sich aufgedrängten Gesprächspartner nicht allzu glücklich zu sein schien. Auf jeden Fall bekam ich endlich wieder eine Fleischration ab (bzw eigentlich 2 .... genauso wie 2 Durchgänge bei der Nachspeise).
Als kleinen Verdauungsspaziergang gingen wir vom Hilton zu Fuß zum Arat Kilo und nahmen erst ab da den Minibus.
Zurück im Institut musste ich feststellen, dass die faulen Hanseln von der Druckerei noch immer nicht geliefert hatten und ließ noch mal da anrufen, diesmal redete ich selber mit dem Kerl und er versprach zwischen 16:30-17:00 Uhr da zu sein. Ok...also ein bisschen länger dableiben, war mir insofern wurscht, da ich ohnehin mal die Bibliothek durchforsten wollte (was ich mir schon seit Ewigkeiten vorgenommen habe und noch immer nicht geschafft hatte). Dort fand ich zwar nicht die gewünschten Philosophen, dafür aber einige Werke, die für meine Friedensforschung überaus interessant sind! Unglaublich! Einen Titel schrieb ich mir gleich ab. Morgen wird ich da noch weiterrecherchieren.
Um 17:00 Uhr rief der Koffer dann selber an und versprach mir hoch und heilig, morgen in der Früh zu liefern. Um 9:30 Uhr.... Naja – da bin ich mal gespannt!!!

Donnerstag, 16. August 2007

„Dieses Land ist eine Flohbude“

--> Zitat: Institutsleiter. Und das ist es in der Tat. Aber beginnen wir von vorne:

Montag:
Wieder – unglaublich, aber wahr – ein richtiger Arbeitstag! Am Vormittag wurde ich zu einem Meeting mit dem Institutsleiter, dem Juristen und Kulturberater der dt. Botschaft und der Kuratorin aus Dresden, die für die Ausstellung „Äthiopien – Deutschland“ verantwortlich ist. Um 10.00 Uhr begonnen artete es in ein „Monster-Meeting“ von 4 Stunden aus, war jedoch unheimlich interessant, da es so viel beinhaltete, was wir im Kulturwissenschafts-Studium gelernt hatten. Nur dass es hier um die praktische Anwendung auf hohem Niveau ging! So waren diese vier Stunden vollgepackt mit Fakten über Organisation, Transport der Kunstwerke aus Deutschland nach Äthiopien, rechtliche Informationen zum Kurierdienst und eventuelle Probleme mit Besitzansprüchen, die Äthiopien an die Kunstwerke stellen könnte, Sponsorensuche und wie schwierig es dabei ist, äthiopische Partner anzuwerben und zu gewinnen.
Pünktlich gegen Mittag – 12:00 Uhr merkte ich, dass mein Blutzucker wieder im Keller war und ich gerne was essen würde. Lief aber nicht – noch 2 Stunden Sitzung. Wenigstens super fürs Studium! Die Gäste müssen warten, bis der Fahrer kommt. Die verbleibenden 10 Minuten werden für „private“ Gespräche genützt, die sich tollerweise schnell um mein gefürchtetes Thema zu drehen beginnen: Läuse, Flöhe und Wanzen! Und schon beginnt es mich überall zu jucken, während die Deutschen die Äußerungen meines Institutsleiters bestätigen: „Hier wird jeder früher oder später von solchem Ungeziefer heimgesucht“.
Als die Versammlung endlich beendet war und ich zu Tilman in die Sprachabteilung rüberging, nahm ich eigentlich an, er sei schon essen gegangen, doch zu meiner Verwunderung war dem nicht so: Er hatte gewartet, auch wenn er sich gewundert hatte, dass das Meeting so lange brauchte.
Auch am Nachmittag hatte ich dann ebenfalls reichlich zu tun, sodass ich schließlich noch länger blieb als die Rezeptionistin und dadurch auch (was mir ein wenig Sorgen machte), den Schlüssel zum Büro mitnehmen musste.
Am Abend der große Schock: Flohbisse an meinen Fußknöcheln! Und auch mit den Läusen hab ich inzwischen so meine Bedenken...

Dienstag:
Wow, schon wieder ein ausgefüllter Arbeitstag! Ich bekam den Auftrag, die Vorschlagsliste, die Adressliste der Deutschen Botschaft und die ergänzte Boschafterliste für die Einladungen zum Konzert in der City Hall abzugleichen und durchzunummerieren. Dabei saß ich dann eigentlich auch den ganzen Tag, weil es sich dabei halt doch um ein paar Hundert Leute handelte. Überdies waren es größtenteils afrikanische Namen... Die – natürlich – eine ganz andere Orthografie aufweisen als unsere und es wunderte mich, dass es mit der Zeit doch so leicht ging, weswegen ich umso gründlicher auf Schlampigkeitsfehler kontrollierte – denn Fehler sind bei so was nicht erlaubt, können hohe Minister, Botschafter, Militärs und Geistliche bei so was schon pingelig sein! (à das hab ich im HAK-Kolleg gelernt! Also, keine Instruktion des Institutsleiters, der ist da nicht so streng)
Der Oberhammer waren zum Teil Titel oder Organisationsnamen, bei denen ich teilweise keine Ahnung hatte, welche Bedeutung den einzelnen Bezeichnungen zu Grunde liegen soll, sowie: oft unendlich lang (über 2 Zeilen)...
Nebenbei half ich der Kuratorin von Zeit zu Zeit bei Fragen oder beim Telefonieren (mit dem etwas komplizierten Vermitteln immer über die Rezeption) weiter. Mit dieser gingen Tilman und ich dann auch Mittagessen und es ergaben sich recht interessante Gespräche über unsere Tätigkeiten, Studium, Auslandsaufenthalte, Arbeit. Sie ist Ethnologin mit Spezialisation auf Afrika, bereits viel mit Ausstellungen in verschiedenen (hauptsächlich west-)afrikanischen Ländern herumgereist und eine sehr nette, sympathische, kompetente und hübsche Frau!
Der Nachmittag, ebenfalls hauptsächlich mit den Einladungslisten ausgefüllt, bescherte mir dann noch schnell eine Zwischenaufgabe als Excel-Spezialist (haha) für die Listen mit Lehrwerken der Sprachabteilung, die neu bestellt werden sollen, sowie eine kleine Internetrecherche zu Bestell- und Lieferadressen von Klett und Langenscheidt.
Heute zu faul zu kochen und zu anspruchsvoll, kalt zu essen, gingen wir am Arat Kilo im „Romina“ abendessen, bei dem sich zum nachfolgenden Kaffee ein Voodoo-Äthiopier zu uns gesellte, der mit Flüsterstimme Tilman einweihte, er brauche einen Farenji (Fremden), der ihm helfen könne... Er habe einen bösen Blick, mit dem er anderen Leuten Schaden zufügen und sie verwünschen könne, auch Tieren, und die wilden Tiere laufen davon vor ihm...pssst....nur nicht zu laut reden! Und was kann er dagegen machen? Er will doch damit aufhören! Und außerdem muss er heute nacht über die Grenze nach Kenia (à na bitte, schließendlich kam doch noch die Geldforderung!)

Mittwoch:
Uff... ja, das ist Arbeit! Tolle Woche (keine Ironie!), in der kaum Zeit für Tätigkeiten für die Universität bleibt (abgesehen von E-Mails zur Prüfungsvereinbarung).
Plan für heute: Ein paar hundert Einladungskuverts drucken. Jedes einzeln, weil komischerweise dieses Word-Programm, sowie der Drucker, keinen Seriendruck hinbekommen. Überdies meint der Drucker, jedes fünfte Kuvert mit Eigenwerbung bedrucken zu müssen, was zwar ganz dekorativ aussieht, aber nicht wirklich von Nutzem ist und einen ziemlich hohen Verschleiß darstellt. Tilman ist dennoch begeistert von dem Fehldrucken und bekommt die Kuverts von mir, um sie für Briefe heim zu verwenden.
Daheim angekommen erst mal unter die Dusche. Keine Ahnung, ob es hilft, aber mal den Kopf mit Insektenschutzmittel gewaschen, um wenigstens ein bisschen Ungeziefer loszuwerden (ich bin mir noch immer nicht sicher, ob ich tatsächlich Läuse habe oder nur Einbildung, aber wenigstens ist das Flohproblem verschwunden, seit ich mir das Autan in der Nacht auch auf die Füße schmiere).
Heute Abend werden die Kartoffel gekocht – jaaa, endlich wieder Kartoffel!!!
Ach ja: vor allem an zu Hause, ich habe mir innerlich schon eine Liste der Sachen zusammengestellt, die ich daheim unbedingt wieder essen will. Irgendwie fällt mir die Hälfte schon wieder nicht mehr ein, aber eines doch noch: Schweinsbraten mit Kraut J !!! (keine Ahnung, wieso, aber das geht mir grad voll ab, vermutlich weil ich hier nur seeeeeer gemäßigt Fleisch konsumiere).

Dienstag, 14. August 2007

Wanderung zur Felsenkirche

Den Samstag (Samstag ist für mich irgendwie immer der Relaxing-Tag) nutzte ich wieder, um auszuschlafen, viel zu lesen und zu essen und meine Arbeit weiter- bzw beinahe fertigzuschreiben. Am Abend schlachtete ich dann die Papaya, garnierte sie mit reichlich Honig und ließ sie mir schmecken.
Dann folgte eine Diskussion über den Vergleich unserer Malariamedikamente, bzw vor allem der Wirkung, Wirksamkeit und Nebenwirkungen, die ja bei meinem wirklich recht heftig sind und gewisse Passagen ließen mich vor Lachen fast auf den Boden fallen – was Gott sei Dank eine Kontradiktion zu den beschriebenen Wirkungen auf die Psyche (bis hin zu Psychosen, Depression, erhöhter Selbstmordgefährdung,...) darstellt. Tilman sah mich zum Teil an, als hätte er Angst, mein Lachkrampf könne bereits eine der psychischen Auswirkungen des Medikamentes sein.

Am Abend trafen wir uns mit Elias am Arat Kilo um wegzugehen. Unsere erste Station war hingegen nicht wirklich das, was man normalerweise unter „weggehen“ versteht: Wir fuhren zu einem Haus einer Bekannten, in dem ein Freund einen Musikclip drehen wollte. Tatsächlich war ein Kamerateam da, irgendwie bekam ich nicht so ganz mit, was da abging, als dann aber der Typ, der da mehr oder weniger der „Sänger“ und Star war, vorschlug, ich soll auch da irgendwo mit seinen Tänzerinnen rumhampeln, verzog ich mich lieber schnell. Außer Tilman und mir war da noch ein belgischer Lehrer als einzige Weiße und genau aus dem Grund landeten wir dann doch noch irgendwie als Backgroundtänzer im Dreh...
Ich fragte, was die eigentlich mit dem Filmmaterial dann vorhaben. Ob das auch veröffentlicht wird. „Ja, das wird dann auf ETV gezeigt“ (Ethiopian TV, der einzige staatliche Sender). Anscheinend war das aber nur mir peinlich, denn außer mir schien da jeder, der nicht unmittelbar zum Dreh gehörte bzw nur „Nebenrolle“ hatte, entweder von Bier oder Chat oder beidem beduselt zu sein.

Sonntag stand unsere Wanderung zur Wascha St. Mikael Church, einer Felsenkirche auf einem Hügel bei Addis an. Mit dem Minibus zum Fuß des Berges gebracht, stellte ich erneut beim Aufstieg fest, dass mir die Höhe nach wie vor bei körperlicher Anstrengung zu schaffen macht. Nun ja, entweder die Höhe, oder die Malariaprophylaxe, oder mein stark reduzierten sportlichen Tätigkeiten – vermutlich aber alles zusammen. So keuchte ich ziemlich und merkte, dass ich mich ziemlich zusammenreißen musste, weil mein Kreislauf einfach schlappmachte.
Irgendwann kreuzten dann eine Frau und ein Mädchen mit drei Eseln unseren Weg. Und prompt bekam ich das Angebot, auf einem der Esel hinaufzureiten. Ich hätte annehmen sollen, wäre immerhin eine nette Erfahrung gewesen. Allerdings wurde ich schon vorgewarnt, meine Hose werde dann stinkig (und ich trug meine Lieblingsjeans), überdies wollte ich nicht als faul erscheinen und setzte so meinen Weg zu Fuß fort, auch wenn mir reiten bedeutend lieber gewesen wäre. Wir erreichten die Felsenkirche jedoch schon bald. Wie Lalibela aus dem Stein herausgeformt, allerdings schon großteils eingefallen bzw durch italienische Bomben zerstört, durchstreiften wir mit dem Führer die Ruine, bevor wir durch den Eukalyptuswald bis zum Hang, der zur Stadt hinunter liegt, gingen, von dem aus man einen herrlichen Blick über Addis Abeba hat, sogar noch wesentlich besser als von Entoto aus.

Freitag, 10. August 2007

Mission: Botschaften telefonisch zu belästigen

Ich hatte mich eigentlich schon darauf eingestellt, heute meine Arbeit für die Uni fertigzuschreiben, doch daraus wurde dann nichts.
Als wir unser Protokoll über die gestrige Tagung beim Institutsleiter vorlegten, hatte dieser bereits einen neuen Arbeitsauftrag für mich parat:
Die Deutsche Botschaft hatte die Adressenliste für die zu verschickenden Einladungen übersandt, die allerdings nicht vollständig war. Aus diesem Grund war es nun an mir, eine von ihm ergänzte Liste an Botschaften durchzurufen, zu fragen ob die Informationen des äthiopischen Diplomatenverzeichnisses noch aktuell sein und nebenbei auch noch gleich herauszubekommen, ob denn der Botschafter im September im Lande sei.
Also suchte ich zuerst einmal – begleitet von zahlreichen Stromausfällen (bzw eigentlich war es wieder ein großer Stromausfall, der zwar durch den neu gelieferten Generator ausgeglichen werden hätte können, allerdings war angeordnet worden, das Technikpersonal am Generator „üben“ zu lassen, was dazu führte, dass alle paar Minuten der Strom wieder weg und der Bildschirm mit einem mal schwarz wurde) – die Namen der Botschafter und die Telefonnummern heraus. Das Telefonieren musste dann ohnehin bis zum Nachmittag warten. Tilman bot sich zwar vorerst an, die Telefonate zu übernehmen, als er jedoch die absolut fremden westafrikanischen Namen las, die ich auf die Liste setzte und lachend meinte: „Na, dann viel Spaß mit der Aussprache!“, verzog er sich diskret nach dem Einholen der Erlaubnis, früher von der Arbeit zu verschwinden, ins Nationalmuseum.
So blieb die Aufgabe doch bei mir... Und jeder der mich kennt weiß, dass ich es 1. HASSE, mit fremden Menschen (noch dazu Ämtern) zu telefonieren und das ganze 2. die Gespräche auch noch in Englisch zu führen sind, mit der schönen Aussicht, „afrikanisches Englisch“ auf der anderen Seite der Leitung zu haben.
Ich setzte mich also und begann, einen netten kleinen Absatz niederzuschreiben (Business English lässt grüßen!). Und tatsächlich funktionierte es dann auch relativ gut. Gerade die ersten Telefonate waren kein Problem. Mexico hatte ich nicht gefunden, Togo erreichte ich nicht. Nun ja, und 2 hatten einen Botschafterwechsel... Und diktierten mir die neuen Namen. Den ersten verstand ich noch so einigermaßen fehlerfrei. Der Zweite dagegen... wurde eine abenteuerliche Eigenkreation. Leider lag der Botschafterwechsel erst so kurz zurück, dass auch eine Internetrecherche vorerst keine Ergebnisse brachte. Somit werde ich da wohl noch mal was machen müssen...

Donnerstag, 9. August 2007

“Forum on Federalism and Democracy”

So lautete der Titel der Tagung, die heute im Hilton Hotel stattgefunden hatte und der unser Institutsleiter, Tilman und ich beiwohnten.
Der Sitzungsraum war mit Tischreihen versehen, von denen Tischtücher an der Vorderseite bis an den Boden reichten, auf denen Rosen und Blumenbouquets standen und für jeden Schreibblock, Stift, Wasser und Zuckerl bereitlagen - wäre doch eine Anregung für die Vorlesungen an der Uni ;-)
Die Veranstaltung war für mich – gerade im Hinblick auf meine Spezialisierung auf Friedensforschung – besonders interessant, da die Thematik, welches Verhältnis die Zivilgesellschaft zu Regierung und Markt einnimmt, bzw den Beitrag der Zivilgesellschaft am Aufbau einer demokratischen Regierung, die ja in Äthiopien (die Konstitution als föderalistische Republik erfolgte in Äthiopien 1995!!!) ja in direktem Zusammenhang dazu steht.
Angenehm war natürlich auch, dass im Zeitplan der Tagung eine Kaffeepause eingeplant war, sowie ein anschließendes Lunch im Atrium des Hotels. Durch Zufall landeten wir am Tisch des Präsidenten des FFD und Organisators der Veranstaltung, sowie Vertreter der kanadischen Botschaft, den aufgrund seiner Abstammung alle für ein Mitglied der indischen Botschaft hielten. Große Begeisterung, jemanden aus Österreich am deutschen Kulturinstitut zu haben (Österreicher sind im Gegensatz zu Deutschen hier wirklich eine Seltenheit!!!) und noch dazu aus Salzburg – „Aaah, Salzburg, very beautiful city!“ (da scheint auch schon jeder gewesen zu sein).
Zurück im Institut bekam ich den Auftrag, über ein Mitglied des Deutschen Bundestages Informationen zu recherchieren, die angeblich in Kürze im Institut auftauchen soll, bevor wir (Tilman und ich) uns die verbleibende Zeit dem Protokoll über die Tagung widmeten. Noch Abendessen in der Cafeteria und dann auf den Heimweg gemacht, war es heute ein schön ausgefüllter Tag und ich, bis oben hin angefüllt mit Essen, musste feststellen, dass nach den letzten beiden Tagen der Anzug schon sehr eng sitzt...

Dienstag, 7. August 2007

Status Quo

Status quo: Kaffepause. Tilman und ich sitzen in Tenagnes Büro. Eben sind unsere Double-Macchiatos und Gebäck serviert worden. Der Heizstrahler wärmt den Raum. Schade, dass ich heute keinen Fotoapparat dabeihabe... Das Bild wäre wohl recht bezeichnend.
Gestern fand ich zu meiner Freude schon die eben ins Netz gestellten Lehrveranstaltungsverzeichnisse und machte mich gleich an die Arbeit, meinen Stundenplan fürs nächste Semester zu erstellen: Eine fabulöse Mischung aus ein wenig Kulturwissenschaften (bin ich ja fast fertig), viel Philosophie und ein paar aus der Slawistik, bei der ich zumindest Bosnisch/Kroatisch/Serbisch belegen möchte. Natürlich wieder weit mehr Fächer, als ich imstande sein werde, auch definitiv abzuschließen, aber zumindest ist der gute Wille da und einstweilen muss ich sagen, dass ich das Glück habe, voraussichtlich nur Fächer zu belegen, die auch mein Interesse wecken.
Der gestrige Tag verging wie im Flug, obwohl ich mir selbst wieder Stillbeschäftigungen auferlegen musste.
Und heute (Dienstag) habe ich bereits damit begonnen, meine „Fallbeispiel: Kulturprojekte“-Arbeit weiterzuschreiben.

Montag, 6. August 2007

Meldung: Auftrag ausgeführt!

Mein kleiner Prinz, ich bringe gute Botschaft: Die Stoffe sind erstanden, meine Aufgabe durch einen glücklichen Zufall erfüllt. Die Geschichte dazu lautet folgendermaßen:
Nachdem ich mit meinem Schnupfen Mitleid erwirkt hatte und zur Linderung Ingwertee gebraut bekam, war die Erkältung am nächsten Morgen wirklich beinahe vollständig verschwunden.
Glücklich darüber machte ich mich auf den Weg, meinen deutschen Kameraden vom Kronprinzenpalast, wo er seinen Dienst versah, abzuholen. Der Hunger war es, der uns das nächste Ziel vorgab: Eine Gaststätte aufzusuchen. Was uns durch die soeben Graduierten Studenten der Addis Ababa Universität erschwert wurde. Die Straße war bevölkert von Menschen in schwarzen Talaren, freudige Gesichter, die Prüfungszeit vorbei zu wissen. Kaum durch die Menschenmassen gekämpft, fanden wir uns vor der Gaststätte mit einer äthiopischen Hochzeitsgesellschaft konfrontiert und musste wiederum weiterziehen; doch auch die nächste Einkehr war nur von kurzer Dauer, denn einzig ein Kohlgericht wurde meinem vegetarischen Begleiter offeriert. Fleischlose Mahlzeit nur an den beiden Fasttagen Mittwoch und Freitag angeboten. So zogen wir weiter, hinunter in den Süden der Stadt liefen wir, denn im Süden lässt sich die größte Auswahl finden.
Schließlich gesättigt von Ingera, Limetten-Minz- und Hibiskusfruchtsaft, Ingwer-Limetteneistee, Kaffee und Schokoladenkuchen wagten wir uns mit überfüllten Mägen an den Rückweg. Umschritten die große, weiße Kathedrale, ließen uns nach Kazanchis kutschieren und fanden uns dort an einem Markt wieder, der in unserer Wegrichtung lag. Ich schlug vor, diesen, weil er ja direkt auf unserem Weg lag, zu durchschreiten, anstatt einen Umweg außen herum zu machen. Dies erwies sich alsbald als mein Glück, den Wunsch des kleinen Prinzen erfüllen zu können: Ein Vorhanghändler bot seine Stoffe feil. Eine Beratung mit meinem deutschen Begleiter führte zu einem eindeutigen Ergebnis und der goldgelbe Stoff, durchsetzt mit dunkelrot und Blattmuster gelangte in meinem Besitz. (Ich hoffe, der Erwerb findet Gnade im Auge meines Herren).
Nun legten wir auch das letzte Wegstück zu Fuß zurück, liefen in der Dunkelheit bergan zur Unterkunft und besorgten zur Feier des Tages noch Bier und Papaya

Immer weniger können wir uns des Gefühls entwehren, den signifikant häufigen deutsch-äthiopischen Beziehungen liegen auf äthiopischer Seite zum überwiegenden Teil wirtschaftliche Gründe zugrunde, auf der deutschen Seite das Sozialprestige: Jahrelang in Afrika arbeitende (reifere) Männer / Frauen (Fernbeziehungen in diesem Ausmaß sind dann doch recht schwer durchführbar und in Afrika zu wohnen ist auch nicht jedermanns Sache), die sich vor ihrer Rückkehr ins Heimatland ein „Mitbringsel“ mitnehmen...

Sonntags strahlte uns schon am frühen Morgen die Sonne entgegen. Gemeinsam mit einem äthiopischen Sprachschüler machten wir einen Ausflug auf Entoto Mountian.
Beim Aufstieg und der damit verbundenen körperlichen Anstrengung wurde die Höhenlage wieder einmal spürbar. Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, begannen wir auch noch, querfeldein zu klettern. Die rote Erde durch die häufigen Regenfälle noch feucht und, überzogen auch die Felsen, was das ganze zu einer rutschigen Angelegenheit machte. Dazu die dünne Luft, ich begann den geringen Sauerstoffgehalt zu spüren, der sich sogar durch das beschleunigte Atmen kaum mehr ausgleichen ließ. Ich rief mich zu höchster Konzentration an, Schritt für Schritt bedächtig zu setzen um ja nicht abzurutschen. Sich hier eine Verletzung zuzuziehen könnte einige Probleme verursachen. Und ich hatte von uns Drein den Nachteil, weder einheimisch noch Sportkletterer zu sein.
Trotzdem war es schließlich geschafft, der Gipfel erreicht. Gerade als wir im Museum waren, begann es aufeinmal, kalt zu werden. Regen setzte ein. Wir umrundeten die bunte Kirche und begannen mit dem Abstieg. Blumen und Eukalyptusblätter wanderten in sammlerischer Absicht in meine Tasche, um sie zu Hause zu pressen.

Freitag, 3. August 2007

Wochenbericht

Es bleibt wohl nichts hinzuzufügen: Der letzte Eintrag ist schon ein paar Tage her... Der Grund dafür ist auch einleuchtend: Seitdem Tilman auch hier wohnt und wir meistens (neben dem Mittagessen) am Abend die meiste Zeit haben, Unterhaltungen zu führen, bleibt somit weniger Zeit übrig, Berichte zu verfassen.
"Außerdem hab ich Schnupfen..." (Zitat: Maria ;-) ) und da bin ich nicht die Einzige... Da hustet und schupft recht viel vor sich hin. Völlig allein bin ich dagegen, wenn es um das Tragen blütenweißer Hosen in der Regenzeit geht... Natürlich aus dem offensitlichen Grund, dass sie innerhalb kürzester Zeit nicht mehr ganz so weiß ist (obwohl ich mich wacker geschlagen habe!). Grund für die Idiotie: In Österreich hab ich noch angenommen, es würde doch zumindest ab und zu trocken sein. So lag sie bis gestern unbeachtet im Koffer rum - bis mir die frische Wäsche ausgegagen ist. Und so musste ich sie schließlich doch in Verwendung nehmen.
Nun gut, ich werde im Folgenden schildern, was sich so zugetragen hat:
Im Praktikumsbereich: Eigentlich nicht viel... Ein paar Meetings bezüglich des Religionsprojektes (Workshop über Orthodoxe und Muslime in Äthiopien, die ja als „Muster für friedliches Zusammenleben“ gelten), das Abschicken meines verfassten Versicherungs-Berichtes. Es bleibt mir also jede Menge Zeit und mein Entschluss, diese sinnvoll zu nützen führte dazu, dass ich mir die Kulturzeitschrift schnappte und inspiriert von einem Artikel Recherchen über Jean Baudrillard anstellte, sowie ins Auge fasste, mir ab nächster Woche ein paar philosophische Werke aus der Bibliothek zu schnappen um mich schon mal ein wenig auf mein zukünftiges Zweitstudium vorzubereiten.
Nun im Detail: Einen spannenden Mittwochs-Bericht kann ich leider nicht bieten: Gegen Ende des Tages plagte mich Kopfweh so stark, dass ich mich kurz vor vier Uhr schon aus dem Staub machte, heimfuhr, aber es immerhin noch schaffte, die Wäsche zu erledigen, bevor ich mich nach dem Konsum einer Kopfwehtablette ein wenig hinlegte.
Als Tilman am Abend kam (er war ja in den Sprachkursen), ging es dann schon wesentlich besser und wir unterhielten uns noch eine Weile über unsere Äthiopieneindrücke.
Der Donnerstag brachte mir die Herausforderung, für eine Stunde in der Bibliothek Vertretung zu machen, 10 Minuten davor überdies eine Kurzeinführung in die Verwaltung des Internetcafes, sowie gleich aus aktuellem Anlass noch einen Mitgliedschaftsantrag zu erledigen. Ich war mir im Endeffekt zwar keineswegs sicher, ob ich alles richtig gemacht hatte, aber es war zumindest mal alles ausgefüllt, das Geld in der Kassa und einige Stempel auf verschiedene Papiere gedrückt – also zumindest hat’s mal schon gut ausgesehen ;-)
Da Tilman um sechs Uhr wieder Sprachkurse hatte und im Ausstellungsraum zur gleichen Zeit eine Charityveranstaltung für Waisenkinder stattfand, überlegte ich, diese daweil zu besuchen, um dann gemeinsam mit ihm zu Maria und Alette zu gehen, die uns für den Abend eingeladen hatten, zu ihnen und anschließend wieder ins Cofee House zu gehen. Nach dem Abendessen in der Cafeteria vernahm ich die ersten Klänge der Probe (mezzo sopran, clarinet & piano) und überlegte mir das Ganze noch einmal und tatsächlich fand ich mich im Endeffekt mit Tilman in Jonas Sprachunterricht wieder, in dem wir auch gleich die Gelegenheit hatten, den Sprachschülern als Nativspeaker Hilfestellung zu geben und die Aufgaben gemeinsam mit ihnen zu lösen. Ich fühlte mich wie in meinen eigenen Sprachkursen und den ersten Schock bekam ich schon bei der Anfangsfrage: „Haben Sie die Hausübung gemacht?“, was automatisch sofort zu einem schlechten Gewissen meinerseits führte „Mist, vergessen“ (wobei das Vergessen ziemlich relativ ist... Angi weiß, wovon ich spreche --> Italienisch ;-) ). Bei den Grammatikübungen fiel auf, wie schwer es mir tatsächlich fällt, diese auszufüllen (nicht, weil ich der Grammatik nicht mächtig wäre, sondern einfach weil ich über die Konstruktionen als Nativespeaker normalerweise nicht nachdenke). Immerhin: Eine tolle Erfahrung mehr!
Zu meiner eigenen Verwunderung fand ich den Weg zu Maria und Alettes Haus wieder (ist nämlich eine ziemlich verwinkelte Angelegenheit, dort hinzukommen). Wir unterhielten uns zu einem großen Teil über unsere Praktika. Den beiden gefällt es ziemlich gut im Mutter-Theresa-Orden, in dem entgegen ihrer Erwartung doch recht hygienisch gearbeitet wird. Ihren Berichten zufolge (die mich immer brennend interessieren) behandeln sie sehr viele HIV-Patienten, die dann mit der Folgeerkrankung Tuberkulose zu ihnen kommen. Sowie immer wieder Berichte, über die dubiosen „Ärzte“ im ländlichen Bereich (Wunderheiler), die ihnen immer die wunderlichsten Fälle bescheren: Ein gelähmtes Mädchen, halbtot aufgrund Entzündungen und angeschnittener Adern am Oberschenkel. Praktik, um ihr die „Dämonen“ auszutreiben.
Unser Vorsatz für das Wochenende: Raus aus Addis!!! ...und ein wenig an die frische Luft um unsere Lungen zu entlüften, die inzwischen schon von den Abgasen und Rauchschwaden, die überall herumziehen, schwärzer sein müssen als die eines herkömmlichen Kettenrauchers.

Dienstag, 31. Juli 2007

Chaos-Tag

Kurz gesagt war der Tag vom Anfang bis zum Ende ein einziges Chaos.
Dabei war ich ursprünglich voller guter Dinge aufgewacht. Zuerst funktionierte mal das Internet nicht (großer Minutspunkt). Der Ausgleich dafür war, dass der deutsche Praktikant heute nacht ankommen würde - wenn auch unbarmherzigerweise um 00:30 Uhr.
Der Vormittag zog sich mit kleineren Aufgaben so dahin - dann Stromausfall. Also mal wieder ein paar Minuten warten. Ich hatte bereits Riesenhunger aufs Mittagessen und freute mich schon auf Lasagne. Da nach einer Weile noch immer nix da war, ging ich auf Pause um in der Cafeteria (in der es natürlich auch keinen Strom gab), wo es keine Lasagne mehr gab und ich musste mich mit lauwarmen Spaghetti zufriedengeben. Gegen 14:00 Uhr wieder Strom. Wir hatten einen Workshop der AEEG (Association of Ethiopians Educated in Germany). Gerade als dieser starten sollte - wieder Stromausfall. So wurde die Veranstaltung im Halbdunkel im Ausstellungsraum abgehalten. Ich hatte auch Maria eingeladen, allerdings verzogen wir uns nach einer Stunde wieder. Aufgrund der zum Teil lange zurückliegenden Deutschlandaufenthalte wurde die Veranstaltung in Englisch gehalten. Oder das, was hier zum Teil als Englisch gilt. Ich hatte auch Maria eingeladen - doch nach einer Stunde traten wir kapitulierend den Rücktritt an: Mal abgesehen von der Ansprache des Deutschen Botschafters verstanden wir einfach so gut wie nichts. Die anderen Äthiopier im Übrigen anscheinend auch nicht - im Saal herrschte ständig Bewegung, bald hatte sich 1/3 (vorrübergehend) nach Draußen verflüchtigt.
Überaus nett war dann das anschließende Dinner. Der Vortragenden vom "Institute for Education Research" lud mich ein, mal vorbeizuschaun, gerade falls ich auch ein paar Unterlagen für mein Studium mitnehmen wolle. Das Essen des Buffets war super (vor allem mal wieder Fleisch und Fisch!) und in der Gesellschaft unseres Fahrers, Technikers und eines Journalisten wurde es bei Kuchen und Bier (welch eine Kombination!) eine lustige Unterhaltung. Über Bayern, Bier, die Praktikum und Arbeit, Deutsche in Äthiopien und Äthiopier in Deutschland,...
Strom gabs im Übrigen nach wie vor nicht.
Als ich gegen 21:00 Uhr heimfuhr, war zumindest dort wieder Strom. Es wurde ausgemacht, dass ich mitfahren sollte zum Flughafen. Das Flugzeug kam um 00:30 Uhr an, wir um 02:00 Uhr. Und als ich in der Ankunftshalle stand, wurde das Flugzeug der "Turkish Airlines" schon gar nicht mehr am Monitor angezeigt. Tatsächlich verfehlten wir uns gerade - er ging hinaus als ich hineinging. Irgendwann fanden wir uns dann doch wieder zusammen, fuhren zurück und nachdem ich ihm noch ein kurzes Addis-Briefing (und ein paar Birr-Scheine) gegeben hatte, kam ich um 3:30 doch noch zum Schlafen.

Nachtrag Wochenende: Regen, Regen, Regen

Immer stärker werde ich mir der Ironie bewusst, meinen Blog „Ethiopian Summer“ benannt zu haben, obwohl hier ja eigentlich die Zeit des äthiopischen Winters herrscht. Obwohl ich mich davor scheue, eine Umbenennung in „Ethiopian Winter“ vorzunehmen, denn geografisch wäre das mindestens genauso unsinnig, befinde ich mich ja nach wie vor auf der Nordhalbkugel – demnach ist hier Sommer – nur dass die Regenzeit (die kälteste Zeit hier) eben bewirkt, dass es „Winter“ genannt wird.
Es ist Samstag und ich sitze auf meinem Zimmer. Ja, ich bin es, der Diener. Diesmal weniger, weil es mich wegen meiner Faulheit danach gelüstet, als vielmehr, weil mich das Wetter dazu verdammt hat. Regen ist eine Sache – der unbarmherzig niederprasselnde, innerhalb von Sekunden (und ich rede hier von nicht mehr als 3-5 Sekunden!) alles durchnässende Regen, der von allen Seiten zu kommen scheint (es sind wirklich unwahrscheinlich dicke Tropfen), das ist eine ganz andere Sache! Und heute hatte ich Recht damit, im Hause zu bleiben und keine Erkundungstouren zu machen: Der Regen hörte nämlich nicht auf, wie es sonst der Fall ist. Oder wurde zumindest schwächer, um dann umso lebhafter wieder loszulegen. Nein, die einzige Abwechslung die er sich gönnte war es, ab und an zu dem lauten Brausen anzuschwellen, das ich ja bereits kenne, um dann einen Hagelschauer niedergehen zu lassen. Mein Entschluss, doch noch einen Nutzen aus dem heutigen Tage zu ziehen, bringt mich dazu, mal zur Abwechslung der Universität zu dienen, nicht dem edlen, kleinen Prinzen und nicht dem inneren Schweinehund, der mich munter vor sich hinschlummernd dazu überreden will, mich zu ihm zu gesellen und den Tag zu verdösen. Ich widme mich also dem Verfassen einer Arbeit, für die ich als Quellen nur mein eigenes Gedächtnis und meine eigenen Gedanken und Überlegungen hinzuziehen brauche (was gut ist, denn Literatur konnte ich aufgrund Gewicht und beschränktem Platz im Gepäck sowieso nicht mitnehmen), den Rest der Zeit verbringe ich damit, mein Buch fertig zu lesen: „Afrikanisches Fieber“. Vroni hat es mir im Hinblick auf mein Praktikum zum Geburtstag geschenkt. Der Autor, ein polnischer Journalist und Auslandskorrespondent, beschreibt darin die Eindrücke seiner Reisen durch viele afrikanische Länder, auch Äthiopien ist vertreten. Vielen Eindrücken kann ich mich anschließen, manchen muss ich widersprechen (was sicher auch daran liegt, dass doch ein paar Jahre vergangen sind). Einiges wird mir klarer. Vor allem, dass mich der Eindruck nicht getäuscht hat, dass die Menschen hier von einer anderen Selbst- und Weltauffassung ausgehen. Ich denke, eine seiner Beschreibungen hat es ganz gut getroffen: Durch die schwierigen Lebensumstände die viele Gebiete Afrikas mit sich bringen, ist ein Leben als Einzelner oft unmöglich. Daraus ergibt sich (das ist beobachtbar und wurde mir gegenüber auch von Äthiopier/innen erwähnt) die Tatsache, dass diese Leute so gut wie nie alleine sind. Auf der Straße gehen sie nie alleine, immer finden sie jemanden, dem sie sich anschließen, in der Arbeit wird ständig interagiert: hat man gerade keinen Besuch, dann schnell rüber ins Nebenbüro oder es wird telefoniert. Im größeren Ausmaß bedeutet das, dass es auch eine starke Familienbindung gibt. Und zu der Familie gehören dann so viele Leute, dass das für mich schon schwierig nachzuvollziehen wird. Im Endeffekt ufert das ganze dann in der ethischen Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen aus. Die rivalisieren, sich gegenseitig unterdrücken und beherrschen (im schlimmsten Falle umbringen). Es gibt kein homogenes Staatsvolk. Die Landessprache Amharisch war ursprünglich die Sprache der zweitgrößten Bevölkerungsgruppe, der Amharer. Diese stellen auch die geistige, politische und ökonomische Elite dar. Kein Wunder also, dass gerade an der Universität, Bildungsstätte zukünftiger Intellektueller, das Konfliktpotenzial besonders groß ist. Ein Student beklagt sich: Die Anrede eines Professors im Unterricht erfolgt nach der ethnischen Gruppenzugehörigkeit: „Du, Oromo“,...

Ein Stück äthiopischer Geschichte:
Das Regime Mengistus wurde nach 17-jähriger Herrschaft im Sommer 1991 gestürzt (das ist also noch nicht so lang her). Der Führer selbst setzte sich nach Zimbabwe ab, wo er bis zum heutigen Tag verweilt. Auf seinen Befehl wurden über 30 000 Menschen erschossen (vermutlich waren es wesentlich mehr; auch 100 000 werden als „konservative Quelle“ bezeichnet, andere reden von 300 000). Vergleichsweise könnte man also einmal annehmen, es würde sich um die Größenordnung Klagenfurts handeln.
Das Schicksal seiner Armee ist bemerkenswert: Mengistu hatte mit Hilfe Moskaus die größte Armee Afrikas südlich der Sahara aufgebaut: 400 000 Soldaten, Raketen und chemische Waffen.
Als die Partisanen drängten die Regierungstruppen bis Addis Abeba zurück. Als diese erfuhren, dass ihr Führer geflohen war, zerfiel die gigantische Armee innerhalb weniger Stunden, zurück blieben demoralisierte, hungrige Soldaten. In der einen Hand die Kalaschnikow, streckten sie die andere aus, um zu betteln.
Shimelis Mazengia, Ideologe des Mengistus-Regimes beurteilt seine eigene Rolle in der obersten Führung des gestürzten Regimes, das so viele Todesopfer und Zerstörung verschuldet hat, philosophisch: Die Geschichte ist ein komplizierter Prozess. Die Geschichte macht Fehler, sie weicht vom Weg ab, sie sucht, manchmal gerät sie in eine Sackgasse. Erst die Zukunft kann ein Urteil sprechen, das rechte Maß finden.

Montag, 30. Juli 2007

Vertrösten...

Morgen kommt ein längerer Eintrag... Hab die Datei zu Hause auf meinem Laptop vergessen :-)
Nur ein kurzer Überblick:
- der geplante Ausflug wurde aufgrund Schlechtwetters (Sauwetter trifft es eher)
abgesagt/verschoben
- Ich habe Vorhänge gefunden :-)
- Heute Nacht kommt der andere deutsche Praktikant an :-)
- Bin heute leicht schlecht aufgelegt
Also dann bis zum ausführlichen Bericht morgen!!!
Ganz liebe Grüße,
Evchen

Freitag, 27. Juli 2007

Lovely day

Mein alter Arbeitsplatz hatte mich wieder (nicht mehr das große Büro – aber nächste Woche werde ich es wieder besetzten!) und kaum setze ich mich, fing auch schon wieder der Hunger an, mich zu plagen und schon lugte ich wieder hinüber zu den Schoko-Donuts in der Cafeteria. Die Glasfront ermöglicht mir einen effektiven Rundumblick: In den Ausstellungsraum, auf die Klassenräume, am wichtigsten aber auf die Cafeteria und die Theke dort, wo ich meine zukünftigen Leckerbissen schon bereitliegen sehe.
Die Tür geht auf und eine der Sprachschülerinnen kommt zu mir: Es ist ein Mädchen aus der Gruppe, die ich damals (Asche auf mein Haupt) vom Fortfahren des Unterrichtes abgehalten habe. Sie haben es mir offensichtlich nicht übelgenommen. Nun folgt die Revanche: „We’re outside... If you like, you can come and join us!“ Die Buße kommt mir wie gerufen und ich lasse alles (das heißt nichts) liegen und stehen um mich auf ein Pläuschchen zu ihnen zu gesellen. Kiya möchte mit mir in die Cafeteria gehen, ich prüfe mal schnell nach, ob meine Chefin was für mich zu tun hat, aber die ist in die Deutsche Botschaft gefahren. Also kein Risiko etwas zu versäumen, der Institutsleiter ist ja nach wie vor weg. Jaja, wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse zu Schoko-Donut und Macchiato. Er wird im Oktober zum Studieren nach Deutschland gehen.
Zu Mittag kommen Maria und Allette, wir gehen Mittagessen (recht ausgiebig) und nachdem ich mir die Erlaubnis geholt habe, früher zu gehen und die beiden Bayerinnen ihr Bedürfnis nach Internetzugang gestillt haben, besuchen wir gemeinsam noch mal das National Museum und verabreden uns für den Abend, ins Coffee House zu gehen, wo live Jazz-Musik gespielt werden soll.
Meine Vermieterin lädt mich ein, mich ein wenig zu ihr zu gesellen. Wir essen frisch gebackenes Brot. Eine Kaffeezeremonie folgt: Die grünen Bohnen werden über dem Feuerkessel geröstet, was schnell zu duften beginnt, der Kaffee wird ganz frisch aufbereitet. In die Milch gibt sie ein bestimmtes Kraut. Es riecht angenehm, ich kenne es nicht. Der Kaffee bekommt dadurch eine interessante Würze – irgendwie nach Feige.
Gegen neun Uhr treffen wir uns beim Coffee House. Einige Arbeitskollegen von Maria und Allette gesellen sich zu uns: ein Äthiopier, ein jüdischer Amerikaner (mit deutschen Hintergrund – studiert übrigens in Tel Aviv) und 4 Malteser. Alle Doktoren, Medizinstudenten und Psychologen. Am Anfang ein wenig skeptisch stelle ich schnell fest, dass von „Göttern in Weiß“ nicht die Rede sein konnte, der Abend wurde einfach ein Riesenspaß!

Donnerstag, 26. Juli 2007

Die Geschichte vom kleinen Prinzen und der großen Irrfahrt /The story of the little prince and the great odyssey

Ein kleiner Prinz, der in einem Land in Europa wohnte, sah eines Tages aus dem Fenster. Doch was war das? Irgendetwas störte seinen Blick. Er konnte es nicht mehr genießen, hinunter in den Garten zu blicken. Doch scharfsinnig wie er war, der kleine Prinz, fand er schnell den Ursprung seines Unmuts. Es waren die Vorhänge. Die Vorhänge zeigten Schiffe, aber da das Land des kleinen Prinzen keine See mehr hatte, daher auch keine Flotte von Schiffen, die die Vorhänge zeigten, stimmte ihn dies Missmutig. Die Vorhänge mussten also weg, schnell! Und durch neue ersetzt werden. Woher aber diese neuen Vorhänge nehmen? Eines stand fest: Sie mussten vornehm, erlesen sein, denn der kleine Prinz hatte – wie es sich für einen Prinzen gehört – einen besonderen Geschmack. Also schickte er seinen ergebensten Diener los, in den fernen Ländern Afrikas nach einem besonderen Stoffe für seine Vorhänge zu suchen, damit er den Blick aus dem Fenster wieder genießen könne. Der Diener machte sich noch am selben Tage auf, die Stadt nach den Wünschen des kleinen Prinzen zu erkunden: durchstreifte die Stadt von Nord nach Süd und von Süd nach Ost. Doch dieses erste Mal sollte ihm das Glück nicht hold sein. Noch dazu nicht ganz bei der Sache, ließ er sich ablenken und folgte dem Ruf der Sirenen, der Einladung zu einer Kunstausstellung der Griechen, die sich tückisch immer wieder dem Auffinden entzogen. Da half es dem armen Diener nichts, die Leute nach dem Weg zu fragen, die Karten zu Rate zu ziehen oder einfach nur auf gut Glück die Gegend abzusuchen: Der mythische Ort blieb unauffindbar und damit auch die Kunstschätze. Der arme Diener war gescheitert, an diesem Tag gleich zweimal. Er hatte weder den Wunsch seines Herrn, des kleinen Prinzen erfüllen, noch seiner eigenen Lust nachgehen können. Müde und erschöpft, weil er schon viele Kilometer gelaufen war (noch dazu in unpassendem Schuhwerk) fand er sich plötzlich von der Dämmerung überrascht und musste den Heimweg antreten und seine Suche abbrechend machte er sich auf den Heimweg. Die Dämmerung wandelte sich in Dunkelheit und mit der Dunkelheit verlor der Diener nun auch die Orientierung, wusste nicht mehr ob er nach Nord, Süd, Ost oder West ging, merkte nur dass es ständig bergauf und bergab lief. Schließlich gab der den Kampf seiner Füße auf und bestieg den nächsten Wagen nach Hause um sich erst einmal eine Nacht auszurasten und am nächsten Tag mit seiner Suche fortzufahren. Der Wagen quälte sich bergan, überwand den welligen Boden nur mit Mühe. Wie in einem Schiff auf wogender See wurde er hin- und hergeworfen. Wie ein Schiff, das auf Grund läuft klang es, wenn die Unterseite des Wagens wieder am Boden streifte und es schien schon fast zweifelhaft, ob er es überhaupt fertig bringen würde, das Stück zu bewältigen, doch er schaffte es, wie er es immer schafft.
Der Diener kehrte somit in sein Haus zurück, setzte sich und fing an seinen Bericht niederzuschreiben, den ihr nun gelesen habt.

Zur Erklärung, die vermutlich für manche notwendig ist:
- Mein Bruder will neue Vorhänge und ich habe mich angeboten (also freiwillig!) ihm hier in Addis welche zu suchen
- Wir haben ans Goethe Institut eine Einladung der Greek Association zu einer Kunstausstellung bekommen. Allerdings ist der Ort der Ausstellung schwer aufzufinden, weil keiner weiß, wo er sich befindet, die Kerle am Telefon nicht rangehen und die Adressenbeschreibung auch keinem weiterhilft (also ganz typisch!).

I am sorry, but I won’t go to translate this to English!!!
1. I likely could not even manage to do it
2. You’d think I am crazy!

Ok... I have to revise what I wrote... I just recieved a mail from my cousin and absolutely astounded I found the translation of my entry enclosed (what a surprise!) So here it is...

One day a little prince, who lived in a country in Europe, looked through the window. But what’s that? Something disturbed his view. He could no longer enjoy looking down on his park. But shrewd, as he was, the little prince made out the reason of his annoyance quickly. The reason was: the curtains. There were embroideries of ships on them. But the country of the little prince had no sea no more. That’s why his country hadn’t the shipping fleet, which the curtains exhibited. That made him disgruntled. The curtains must go! And new one had to take up the empty space!! Quick!!! Where to take from new curtains? The next best? – No. They had to be noble and exquisite, because the little prince had good taste, as it was expected from a prince. So he sent his most devoted servant in the far away countries of Africa to look for a special cloth for his curtains. With it he would be able to enjoy the view down his park again.
The servant reached a large city in Africa and found a nice accommodation. Shortly afterwards she started to explore the city to do justice to the wish of her little master. But she had no luck on the first day. One reason for her failure was the call of the sirens, which were also in town. They sang about their riches, about the treasure, which they brought with them from Greece. But in a malicious way the servant couldn’t reach the place where the sirens were singing. The poor servant read the map and asked the citizens. She roamed the city from North to South, from West to East. But the mystic place she couldn’t find. In the end she failed twice. Neither she was able to fulfil the wish of the little prince, nor could she satisfy her own desire.
Suddenly the tired and exhausted servant, who had covered many miles this day (and that with lousy footwear), was caught by the dusk. So she had to quit her search and tried to find the way back to her accommodation. But between dusk and dawn there is darkness. Cause of the darkness the servant lost the orientation. She didn’t know no longer if she was going to South, North, East or West. That she went downhill and uphill was the only thing she made out. Finally she gave up the fight against her feet and got on a vehicle. “Tomorrow I will find what I’m looking for”, she thought. What she needed now was a rest. The vehicle tormented itself uphill, got over the wavy ground barely. The servant felt like a traveller on a ship over waves. The vehicle seemed to be a ship, which runs aground, when the underside touched the ground. It was doubtful, if the vehicle would surmount the next earth wave. But it surmounted it, how it had surmounted the one before.The servant came back to her accommodation, sat down and started to write the story, which you have finished to read yet.
(special thanks to my cousin Andi for this translation!!!)

Explanation, which likely is necessary for some to understand:
- My brother has need of new curtains and I offered him to find some for him here in Addis
- We got an invitation for an Art Exhibition by the Greek Association. But it turned out to be rather difficult to find the place, as nobody seems to know it, nobody answers the phone there, furthermore there is (again) no address, just a description where to find it and these places in the description are again not helpful to find it and

Mittwoch, 25. Juli 2007

Den Vormittag verbrachte ich angenehm im Büro, zu Mittag holten mich die beiden Mädels zum Essen ab und wir verabredeten uns, uns um vier Uhr wiederzutreffen und zu Piazza zu fahren. Dort waren die beiden ein wenig enttäuscht, weil Piazza auch als "Alstadt" bezeichnet wird, jedoch eigentlich keine Besonderheiten (architektonischer, kultureller,... Art) bot. Im Übrigen teilt auch Maria mein Gefühl, vermutlich auch durch den leichten Wind, der so oft weht, hervorgerufen: "Das schaut aus, als würde da hinten irgendwo das Meer anfangen!". Leider ist es nur Dunst.
Wir überlegten, ins Kino zu gehen und nahmen in einem Kaffee das Abendessen ein.
Zu unserer Enttäuschung erfuhren wir in den 3 Kinos, die wir abklapperten, dass die englischen Filme jeweils am Vormittag gespielt werden. Am Schluss standen wir in der Nähe des Derg-Monumentes vor dem Ambassador-Kino, unser total aufgedrehter Rastafari-Fan und Führer Izi wurde von der Polizei auf die Seite genommen. Keine Ahnung, warum, eventuell weil die seine Begeisterung mitbekommen hatten und das mit den Rastafaris so eine Sache ist... (siehe nachfolgender Info). Er komme aus dem Gebiet - erzählte er uns. Und irgendwann hat ihn die Polizei erwischt und dann schnitten sie ihm die Haare ab. Die Polizisten wollten dann auch, glaub ich, uns noch zur Seite holen, aber das war gerade, als Maria schon losstartete um weiterzugehen, also gingen wir mal los - und nachgelaufen ist uns auch keiner dann.
So kehrten wir in ein Lokal im danebengelegenen Ambassador-Park ein und setzten uns an einen Tisch im Freien, umgeben von Palmen und als es dunkel und ein wenig frisch wird, wird hinter uns in einem offenen Ofen ein Feuer angezündet und schon wirds wieder wärmer.
Dann treten wir den Heimweg an, um diese Zeit fahren Gott sei Dank auch noch Minibusse.

Rastafaris
Ras Tafari, 1930 zu Kaiser Haile Selassie gekrönt, erwarb sich ohne sein Wissen eine große Anhängerschaft auf Jamaica, wo Marcus Garvey eine "Return to Africa"-Bewegung begründet hatte. Diese sah die Krönung als Erfüllung der biblischen Prophezeihung "kings will come out of Africa". Mit ihrer leidenschaftlichen Identifizierung mit dem Monarchen und dem unanhängigen äthiopischen Staat, gründeten sie eine neue Religion, in der dem Kaiser Göttlichkeit zugesprochen wurde und die seinen früheren Namen tragen sollte.
Der Kaiser selbst, ein wenig verwirrt über die Vorgänge, gestand ihnen doch 1963 Land zu.
Für Rastafarians gilt Ganja (Marihuana) als Sakrament, außerdem erwarten sie nach wie vor die Wiederherstellung der Monarchie. Der äthiopisch-eritreischen Krieg sehen sie als Bestrafung für den Mord an ihrem gotterwählten Kaiser.
Bis heute hat keine äthiopische Regierung den Rastafaris (und ihren in Äthiopien geborenen Kindern) die Staatsbürgerschaft gewährt.
(Quelle: Lonely Planet)

Dienstag, 24. Juli 2007

Gleich und gleich gesellt sich gern – Die „kleine Alpenrepublik“ (Bayern-Salzburg) in Äthiopien

Neue Woche angebrochen. Wie vermutet war ich pünktlich aufgewacht: kurz nach Sonnenaufgang, kurz nach 6:00 Uhr. Also nicht so schlimm, dass ich keinen Wecker mehr habe.
Wieder im Büro meiner Chefin war ich überglücklich, einige Mails erhalten zu haben und sie beantworten zu können. Da verging schon mal einige Zeit. Überdies hatte der Bibliothekar erbarmen mit mir: Nachdem er hörte, dass ich zu seiner nächsten Lesung Anfang September nicht mehr da sein werde, gab er mir „bei Interesse“ die Kurzerzählung von Arthur Schnitzler. Ich freute mich total – ein Literaturvorschlag! Und begann zusätzlich gleich, im Internet mein Wissen über Arthur Schnitzler aufzufrischen und zusammenzuschreiben (ja, da schaut’s gell? Ich bemühe mich ja richtig, selbst produktiv zu sein!). Außerdem stellte ich meine eigene kleine Kurzgeschichte für meinen lieben kleinen Bruder fertig, die ich ihm dann heute auch mit der Post geschickt habe.
So verging die Zeit bis Mittag dann schließlich doch erstaunlich schnell! Mittagspause: Ich hatte kaum noch Birr (umgerechnet noch ca. 1 €). Also wollte ich schnell zum Arat Kilo um Geld zu wechseln. Was sich im Endeffekt als gar nicht so leicht herausstellte: Ich ging zur Commercial Bank of Ethiopia. Dort teilte man mir mir, sie wechseln kein Geld. Ich ging zur nächsten Bank. Nein, die wechseln auch kein Geld. Blieb noch die dritte Bank dort (ebenfalls eine Commercial Bank of Ethiopia) und ich wollte schon fast fragen: „Let me guess – you’re not changing money either!“. Doch ich hatte Glück. Nachdem ich kontrolliert worden war und meinen Fotoapparat beim Eingang abgeben musste (wofür ich eine Marke bekam) wurde ich in den heiligen Tempel des Mammon eingelassen. Der erste Priester verwies mich weiter an seinen Glaubensbruder. Der geleitete mich wieder weiter, in das nächste Tempelstockwerk in dessen hinterer Ecke der „Foreign currency“ gehuldigt wurde. Der Bruder ließ mich dann den Antrag ausfüllen. Name, Adresse in Äthiopien und auch noch gleich die Telefonnummer dazu. Am liebsten hätte ich ihm die Zahlen hingeschrieben, die mir der Heilige Geist zuflüsterte, aber ich war mir nicht sicher, ob er meine Weissagungen gut aufnehmen würde, würde er sie nachprüfen. Der Bruder gab mir eine spezielle Tempelmünze mit einer Nummer und wies mich an, vor dem Schalter des Hohenpriesters Platz zu nehmen, bis mich dieser aufrufen würde, damit ich den mir gebührenden Geldsegen bekomme. Nachdem ich meditierend eine halbe Stunde den gemächlich zelebrierenden Hohepriestern zugesehen hatte, wurde ich an das Allerheiligste gerufen. Dann ging alles ganz schnell und ehe ich mich versah hielt ich meine Birr in Händen und konnte preisend mit meiner Marke meinen Fotoapparat zurückerobern und den Tempel verlassen. Dann eilte ich noch schnell zur Post und gab Briefe an meine beiden Brüder und Omi auf, sowie eine Postkarte an meine Freundin Maria in Salzburg.Meine Mittagspause war um.
Fast ein wenig zu spät kehrte ich in meinen Palast zurück, wo ich plötzlich meine Chefin im Büro vorfand. Ein wenig verwirrt schlug ich großzügig vor, daweil draußen zu warten. Sie war einverstanden und so ging ich, meine Mittagspause verlängernd, in die Cafeteria und bestellte mir einen doppelten Macchiato und einen Donut. Da saßen 2 Mädels, Euroäerinnen oder Amerikanerinnen. Ich hörte sie Deutsch sprechen, ging zu ihnen hinüber, sie luden mich ein, mich zu ihnen zu setzen. Die beiden sind aus Bayern (JAAAA, Vroni!!! J ich komm halt nicht los von unserem Eckerl!!!) Und ich war natürlich hin und weg. Medizinstudentinnen in Innsbruck, ebenfalls für ein Praktikum (Mutter Theresa Organisation) einen Monat hier, erst diese Nacht angekommen. Sie lachten ziemlich und meinten, ich sehe so glücklich aus, wieder Deutsche um mich zu haben. Ich glaube, ich bin ziemlich rot geworden und meinte, es sei so auch großartig, nur einfach angenehm, wieder einmal „normal“ reden zu können. Und mit den Bayern muss ich ja wenigstens nicht meinen Dialekt verstecken und Hochdeutsch reden, damit ich verstanden werde. Wir verabredeten uns, morgen wieder zusammen zu Mittag zu essen und ich versprach mal abzuchecken, ob es in Addis zur Zeit irgendwelche besuchenswerten Veranstaltungen gibt.
Zurück im Büro fuhr ich fort, Mails zu schreiben. Ehe ich mich versah, war es bereits 16:00 Uhr, aber da ich ja eine verlängerte Mittagspause hatte und außerdem noch nicht nach Hause wollte, blieb ich noch eine Stunde.

A new week just begun. What a luck that it really works: I woke up (without my alarm of course as my mobile is broken). Went to work and occupied the office of my boss, who’s not here these days.
Jonas from the library was merciful and gave me a short story of Athur Schnitzler to read. I was really happy and made some researches on the internet to refresh my knowledge about this author. Sent some mails and finished the little story I wrote for my brother, which I am going to send him today. Noon came so soon!
I grabbed my things and went to Arat Kilo to get some money changed, as my Birr were just around 1 € anymore. I entered the Commercial Bank of Ethiopia. No, they don’t change money. Strange, strange. Ok. Next one. No, no changing. Haaa??? What’s that??? I am not trying to convince them to accept Lira! I just want to get some Euro changed! I already thought all my hope was lost as I went to the other Commercial Bank of Ethiopia. But I had luck. After they checked me and I left my camera at the entrance, I was allowed to enter the temple. The first priest sent me to a second one who guarded me one floor up, where in a corner the priest for “foreign currency” was waiting for pilgrims. I did him the honour to fill out the papers, which asked for my name, address and phone number. For one moment I thought about putting the numbers and letters to paper, the holy spirit whispered… but I was not sure, if he’d like my prophecies if he’d proof it. He gave me a token and sent me to the Guru, the guardian over the sacrificed I should face soon. I waited meditating for about half an hour before I was allowed to step in front of him. Then it all happened so fast, I received my Birr and left the temple (after getting my camera back) happily praising the livestock in my hands.
Went to the post, sent some letters to my brothers, granny and a postcard to a friend in Salzburg before returning to the institute. I was a little late and amazed as I found my boss in her office. I suggested to “wait outside” and went to the cafeteria where I ordered a double macchiato again plus a chocolate-donut (yummy!). There had been two girls, I heard them talking in German and went over to them, started talking to them. Oh, how nice: 2 Bavarians, studying medicine in Innsbruck, also here for an internship for one month, just arrived this night. They laughed and told me that I look quite happy to meet Germans again. I went red and told them that it’s pretty great here, but it’s also pleasant just to talk German as I am used to it again, without hiding my dialect and speaking “Hochdeutsch” for the people to understand it. For Bavarians this is not necessary – we’re all from the same corner. We arranged to go for dinner tomorrow and went back to work. Where I continued my mail-communication.

Montag, 23. Juli 2007

Ausgehen, Museumsbesuche und Äthiopiens größte Kathedrale

Freitag, 20. Juli 2007
Unser Institutsleiter reiste nach Johannesburg ab und weil ich mich nicht so gut fühlte, überdies ohnehin nichts zu machen war, fragte ich, ob ich gehen könne, was mir auch gleich bewilligt wurde. Eigentlich wollte ich auf dem schnellsten Weg ein bisschen zu Essen kaufen und dann heim, ins Bett und schlafen. Aber der Tag gestaltete sich anders:
Elias fragte, ob wir auf einen Kaffe gehen (na gut, ein Kaffee) dann trafen wir Elisa, die Norwegerin, die heute aus ihrem Zimmer ins Hotel umzog. So fuhren wir mit ihr und halfen ihr beim Auszug. Anschließend ging ich mit Elias ins Lime Tree House in Bole zum Mittagessen. Ich aß eine Portion Spinatravioli mit Tomatensauce – also leichte Kost und tatsächlich ging es mir schon bald besser. Also verabredete ich mit Elias, am Abend zusammen mit amerikanischen Freunden von ihm wegzugehen.
Also erledigte ich meine Einkäufe, fuhr heim, relaxte ein wenig und aß nochmal, bevor ich um aufbrach, um Elias um 19:00 Uhr am AratKilo zu treffen. Wir fuhren nach Bole, in ein sehr schickes Lokal und als wir draußen saßen erinnerte mich das Ambiente mit der Straße und ihren Beleuchtungen fast an Italien. Kurz darauf gesellte sich der erste Amerikaner zu uns, ein Lehrer, der seit einem halben Jahr in Addis an einer der Schulen Englisch unterrichtet. Wenig später trafen auch die beiden Amerikanerinnen ein, deren Aufenthaltsgrund ein Praktikum bei den UN ist. Tatsächlich war viel los auf den Straßen und es boten sich viele Möglichkeiten zum Ausgehen und gemütlichem Verweilen in richtig schönen Lokalen.
Als die anderen schließlich in einen Jazzclub weiterzogen, verabschiedeten der Amerikaner und ich uns und fuhren heim. Er, weil er keine Lust auf den Jazzclub hatte und ich, weil ich meinen Vermietern gesagt hatte, ich werde nicht zu spät zurückkommen.


Samstag, 21. Juli 2007
Weil ich die Woche in der Arbeit ja leider nicht gerade viel zu tun gewesen war, hatte ich ein schlechtes Gewissen bekommen, die vom Praktikumsstipendium zur Verfügung gestellten Gelder „nicht ordnungsgemäß zu verwenden“, also nahm ich meine Weiterbildung selbst in die Hand und suchte (als Kulturwissenschaftsstudentin ist das ja eigentlich sowieso Pflicht) die beiden „wichtigsten“ Museen auf: das Ethnological Museum am Universitätscampus und das National Museum. Wie oft bei Museen war ich auch diesmal ein bisschen skeptisch, was mich erwarten würde, aber da ich dem Reiseführer die geringen Eintrittspreise entnahm ließ ich mich darauf ein und behielt im Hinterkopf einfach, schnell wieder abzuhaun, sollte es mir nicht gefallen.
Zuerst also das Ethnological Museum: Nach Betreten des Campus findet man sich in einer Parkanlage mit Palmen, tropischen Gewächsen und Blumen, Rosen, Gehwege mit Steinplatten, die an einem Springbrunnen vorbeiführen und dahinter, auf den ersten Blick durch den üppigen Bewuchs fast nicht sichtbar, der ehemalige Palast Haile Selassies, in dessen erstem Stock sich das Ethnological Museum befindet. Dem ästhetischen Anspruch des Auges wird hier vollauf Genüge getan! Ein wunderschön dekorierter Museumsraum! Ich betrete den ersten Abschnitt des Museums, in dem die Kindheit behandelt wird. Zu meinem Entzücken finden sich dort neben Holzspielsachen und Tonfiguren (die zwar unseren Assiziationen mit Afrika entsprechen, ich aber noch nicht bei Kindern in Verwendung gesehen habe – vielleicht eher auf dem Land?) auch die witzigen Spielgeräte, die meist aus Draht gefertigt irgendwie den Sinn haben, Reifen durch die Gegend zu rollen (so ganz hab ich das noch nicht durchblickt), oder Bälle – aus Stoff oder Verpackungssackerl gefertigt. Dazu Fabelbeispiele aus 4 verschiedenen äthiopischen Regionen. Das Erwachsenenalter: Ausstellungsstücke und Informationstafeln zu Heirat, Schwerter & Säbel, Erwachsenen-Spiele (Duell-Kämpfe mit Stecken), (Prunk-)Gewänder, Weberei (Weberei gilt hier als Männer-, Spinnen als Frauensache), Imkerei, Kaffe (der in vielen Wäldern angeblich nach wie vor wild wächst),... Und als dritter Abschnitt „Tod und Danach“. Besondere Faszination übten auf mich dabei die Holzskulpturen von Konso aus. Die haben folgenden Aufbau: In der Mitte steht der Held, der gestorben ist. Seine Frau (oder Frauen) dann neben ihm links und rechts und wieder daneben Statuen, die die Feinde repräsentieren, die der Held getötet hat. Dazu noch, wenn unser Held ein großer Jäger war, Tiere vor, sowie, um das Bild schön abzurunden, Speere und Schilder neben und hinter der Menschengruppe. Manchmal lassen sich auch noch kleine Steine vor dieser niedlichen Versammlung finden, die den Landbesitz des Verstorbenen bezeichnen sollen.
Von diesem Besuch sehr positiv gestimmt nahm ich mir gleich anschließend noch das National Museum vor, in dem die Nachbildung von Lucy („Australopithecus Afarensis“) zu bewundern ist, die 1974 in Afar gefunden wurde und deren zu 40 % erhaltenes Skelett auf ein Alter von 3,2 Mio Jahren datiert wird. Im ersten Stock, der mit zeitgenössischer Kunst des 20. Jahrhunderts bestückt ist, stelle ich verwundert fest, dass hier Fotografieren erlaubt ist (ohne Blitz) und im Erdgeschoss, wo neben prachtvollen Gewändern auch Kaiserkronen und –möbel ausgestellt sind, fordert mich einer der Museumswärter - der mir freundlicherweise gleich noch eine Privatführung gibt – geradezu auf, Bilder zu machen. Eine solche Großzügigkeit – gerade in einem Nationalmuseum – hätte ich mir nicht erwartet!
Zusammenfassend: Mit dem heutigen Tag, den Museumsbesuchen und meiner Eigeninitiative zur kulturellen Weiterbildung, bin ich vollauf zufrieden!

Sonntag, 22. Juli 2007
Am Vormittag brach ich mit meiner Vermieterin nach Bole auf, um dort einen Kaffee zu trinken. Wir gehen durch die Wohngegend der Reichen und Dioplomaten – oohh...da stehen kleine Paläste! Nett, nett! Ein Mann kommt uns entgegen, schreit etwas, was ich nicht so ganz verstehe und will mir was aus seinem Karton andrehen. Ich verstehe sein „Puppy, puppy!“ erst, als ich in den Karton sehe, in dem 2 ganz kleine, zuckersüße Hundewelpen sitzen! Ooohhhh, nein...mein wunder Punkt! „JA, GERNE, SOFORT!!!“, hätte ich am liebsten gerufen und gleich beide mitgenommen. Aber ich muss ja wieder zurück nach Österreich...
Wir kehrten in ein Kaffeehaus ein, das stark an Starbucks erinnerte. Vorallem auch toll ist, dass man in all diesen Kaffeehäusern auch Essen bestellen kann – in einer großen Auswahl! Es ist warm, Sonne scheint. Die Äthiopier frieren. Weil eine leichte, angenehme Brise weht. Ich bestellte eine heiße Schokolade, die mir dann mit echtem Kakao serviert wurde. Überall um uns herum Leute, die Zeitung lasen. Meine Vermieterin erklärte mir: Die Oppositionsleute, die eigentlich auf ihre Verurteilung gewartet hatten, waren gestern freigesprochen worden – und ganz Äthiopien ist ganz aus dem Häuschen! DAS Gesprächsthema, jeder redet davon, alle sind glücklich, gefeiert (und getrunken) wird tagelang. „Die Zeitungen“, so erklärt sie mir „die nun wieder verkauft werden, waren bei ihrer Verhaftung eingestellt worden. Nun, da die Leute freigelassen worden sind, sind auch diese Zeitungen wieder verfügbar! Es ist ein guter Schritt der Regierung, aber wer weiß, wie es weitergehen wird? Sie hätten die Leute vermutlich nie ohne den Druck der EU wieder freigelassen...“ Anscheinend kamen von europäischer Seite von einer Ministerin wiederholt Forderungen der Freilassung der politischen Gefangenen. Wir gingen ein Stück weiter, kamen an einem Radrennen vorbei, in ein anderes Kaffeehaus, das besonders gute French Fries offeriert. Tatsächlich! Vor allem wundert es mich, dass sie nicht fettig sind! Vom Kaffee aus sieht man direkt auf die Bole Medhane Alem Cathedral, Äthiopiens größtes Kirchengebäude, das erst 2005 fertiggestellt wurde. Ein wunderschönes, strahlendes, helles Gebäude, dem zusammen mit seiner umgebenden Rasenfläche großzügig angelegt ist und das ich wohl auch eher dem arabischen Raum zugeordnet hätte, wären da nicht die eindeutig christlichen Zeichen gewesen. Vom Parkplatz daneben ertönen Trommelschläge und Gesang zu uns herüber. „Oh schau! Schau!“, sagt meine Vermieterin „Eine typisch äthiopische Hochzeit! Sie läuft streng nach Zerimoniell ab.“ Zuerst hatte ich gedacht, da sind gleich 2 Priester bestellt, bis ich bemerke, dass es sich um das Brautpaar handelt: Beide in lange, weiße Gewänder gehüllt, einen weißen Mantel mit dezenter Goldbestickung umgehängt und beide eine Art weiße Krone mit silberner Verzierung und Kreuz auf den Köpfen. Umgeben sind sie von Sängern, die Hälfte von ihnen dunkelrote, weißgeschärpte Kleider, die andere Hälfte türkise, weißgeschärpte Kleider tragend, einer geht vor dem Brautpaar her und schlägt die Trommel, die Sänger gehen links und rechts, schön geordnet in einer Reihe nebenher, dahinter folgt der Rest der Festgesellschaft. Alle singen und Klatschen. Äthiopien zeigt seine Farben: Die weiße Kathedrale mit den Goldverzierungen und dem türkisen Kupferdach, von der Sonne bestrahlt, die Farbenpracht der Hochzeitsgesellschaft und dazu im Hintergrund, immer dunkler werdend vom herannahenden Gewitter. Wir machen uns auf den Heimweg, um nicht nass zu werden. Und siehe da, ich bekomme noch etwas Außergewöhnliches zu sehen: Hastende, ja sogar laufende Äthiopier. Das anziehende Gewitter bringt Leben in sie, alles wuselt herum, versucht heimzukommen, einen Bus, Minibus, oder Taxi zu erwischen. Die Minibusfahrer stellen sich auf die erhöhte Nachfrage ein: Schon sitzen wir – 21 Leute (!!! Ich hab’s gezählt!!!) anstelle der sonst üblichen 12 – zusammengequetscht in einem dieser tollen Toyotagefährte, das sich bergan nach Aware abmüht. „Wie soll denn da noch wer aussteigen können?“ frage ich mich, als ich sehe, dass einer offensichtlich den Versuch unternimmt, nach einer kurzen Diskussion mit anderen Mitfahrern aber sitzen bleibt. Meine Vermieterin lacht und ich bekomme die Erklärung: Ja, er wollte aussteigen, sagte, er müsse hier raus, aber die anderen meinten, nein, nein,...wir sind noch nicht da...das, wo du hinwillst, kommt erst! Also blieb er brav sitzen und fuhr noch ein Stück weiter –wie noch zwei andere, die ebenfalls hinausgewollt hatten. Das ist halt alles nicht so genau hier.