Montag, 9. Juli 2007

Freitag, 06. Juli 2007
Wieder ein ruhiger Arbeitstag... außer ein paar Briefumschläge für Einladungen für einen Vortrag beschriften und abstempeln, einige Mailadressen zusammenzuschreiben und einem Besuch beim „British Council“ war eigentlich nichts zu tun, also verbesserte ich das Layout der 75 Seiten „photo-comments“ und schlug mir den Rest der Zeit damit tot zu versuchen, Internetseiten zu öffnen, ohne dass die Verbindung wieder zusammenbrach. Bis dann kurz vor Dienstschluss entgültig mal kurz der Strom ausfiel (ob daran die Elektrizitätswerke, oder das Gewitter schuld war, dass leider am Nachmittag wieder die Sonne vertrieben hatte, kann ich nicht sagen).
Allerdings findet der Fahrer immer mehr Gefallen daran, mich auf Amharisch zuzutexten und wenn ich dann „Sorry...?“ sage zu fragen, wieso ich denn kein Amharisch könne...
Am Arat Kilo ging ich noch mal einkaufen, ich war nämlich der festen Überzeugung, ich nehme zu wenig ungesundes Essen zu mir, weswegen ein Glas Majonaise fällig geworden ist (zum aufs Weißbrot schmieren). Und dann zur Post, ein Phänomen für sich. Am Schalter frage ich den Beamten: „Do you have postcards?“ „Yes, sure!“ und zeigt mir 5 Motive zur Auswahl, ich wähle 2 und sage: „5 of each, please“, doch leider werde ich enttäuscht, von den 2 Motiven sind jeweils nur 2 Karten verfügbar, also nur 4 statt meinen gewünschten 10. Das wundert mich zwar, aber immerhin etwas... Setze mich gleich hin und schreibe die Karten (Angi, Vroni, ihr seid beim nächsten Mal dran, versprochen!), um sie auch gleich aufzugeben (in Österreich hätte ich um den selben Preis ein Stück im Inland verschicken können) und frage mich wirklich.... obo woruuuum... nein, das nicht...sondern: ob die wohl jemals ankommen werden?
Premiere: Ich schaffte es, heute sowohl Hin- als auch Rückweg per Minibus zu bewältigen und nicht mehr das letzte Stück vom Arat Kilo zu Fuß zu gehen, weil ich keine Ahnung hatte, in welche Richtung ich musste.
Bei „meiner“ Minibuskreuzung kaufte ich 3 Weißbrote (die schmecken einfach fantastisch, und stehen zusammen mit den Bananen ganz oben auf meiner Suchtliste!) und dampfte ab auf mein Zimmer um gleich mal 1 ½ zu verschlingen.

Samstag, 7. Juli 2007
Ich hatte bereits gestern beschlossen, zu der Kafka-Lesung ins Goethe Institut zu gehen, auch wenn diese auf Amharisch war und ich nichts verstand, einfach nur, um mich auch mit den Veranstaltungen vertraut zu machen und durfte bei der anschließenden Diskussionsrunde auch gleich das Mikrofon herumreichen, somit wurde mir auch nicht langweilig.
Mittagessen sowie eine Dusche gönnte ich mir daheim, bevor ich auf Stadterkundung aufbrach: Als Ziel hatte ich mir den Merkato gesteckt, den Markt von Addis Ababa, der sich über eine ganz gewaltige Größe erstrecken soll und an dem am Samstag besonders viel los sein soll. Angeblich soll man hier von Kalaschnikows (keine Angst, ich werde mich beherrschen) bis zu Kamelen (auch hier werde ich mich zurückhalten – die Ausfuhr nach Österreich würde sich wohl als schwierig erweisen) alles erwerben können, solange nicht in dem Gedränge auf einmal die Geldtasche abhanden gekommen ist, angeblich ein besonders beliebter Ort für Taschendiebe.
Zum Arat Kilo per Minibus, bis Piazza, genaugenommen bis zum „City Hall Theatre & Cultural Centre“ lief ich dann zu Fuß, war mir dann allerdings nicht im klaren, wo sich jetzt mein Ziel befand und nahm den nächsten Minibus, aus dem schon jemand „Merkato, Merkato!“ rief. Dort sah ich mich ein wenig um, aber nur, um mir einmal eine kleine Orientierung zu verschaffen, mit der festen Absicht bald wiederzukommen und das ganze Treiben genauer in Augenschein zu nehmen, bevor ich wieder zum Arat Kilo zurücklatschte, diesmal aber einen anderen Weg nahm, um mehr zu sehen, und auch den Stadtplan nicht zur Hilfe nahm, die Richtung wusste ich eh ungefähr und richtig Verlaufen kann man sich hier wirklich nicht! Ich habe wieder „eine Sünde begangen“ und jetzt steht ein Nutella-Glas neben mir.
Am Abend dann Regen... und zwar wirklich Regen... Es war nur mehr Rauschen zu hören, es klang beinahe, als würde man inmitten einer Brandung an Felsen liegen. Wie ich am Sonntag dann erfuhr, war das sogar für äthiopische Verhältnisse und Regenzeit sehr starker Regen. Genauso, dass die Temperatur verhältnismäßig niedriger sein soll als sonst in der Regenzeit.

Sonntag, 8. Juli 2007
...endlich wieder einmal ausschlafen, komischerweise hatte ich gar nicht so das Bedürfnis danach, wieder einmal richtig lange zu schlafen, um neun Uhr war ich wach und verbrachte die nächsten beiden Stunden hauptsächlich damit, 2 Weißbrote zu verdrücken, abwechselnd mit Nutella und Streichkäse bestrichen.
Dann wurde ich eingeladen, doch ins Haus zu kommen, wo ein ganzes Verwandtschaftstreffen im Gange war. Ich aß mit ihnen zu Mittag Injera (inzwischen bin ich schon ganz begeistert davon) und verbrachte auch den ganzen Nachmittag in dieser Gesellschaft, später waren auch noch Verwandte aus Amerika gekommen (ich hatte somit die Gelegenheit, wieder Englisch zu reden (vor allem mit den Kindern) und mir fiel auf, dass sich der Prozentsatz der benutzten Sprache immer mehr Richtung Englisch verschob.
Auch das Abendessen nahm ich mit ihnen ein, gebratenes Gemüse, Makkaroni und Fleischsauce sowie Weißbrot. Magenprobleme habe ich trotz dem oft scharfen Essen nach wie vor keine, gesundheitlich fühle ich mich sogar wesentlich besser als die letzte Zeit in Österreich (vielleicht eben genau deswegen, weil ich endlich weg bin, wie ich es mir schon so lang gewünscht habe).
Nachdem alle, bis auf den Besuch aus Amerika (Mutter mit 2 Kindern – juhu, ich habe Kinder hier!) gegangen waren, begaben auch wir uns auf die Zimmer und mir bleibt noch etwas Zeit für meine türkische Lektüre.

Meine afrikanischen "Freude-Bringer":
- Bananen und Weißbrot
- Der Minibusfahrer, der die Polizei anhupt, weil sie an der Kreuzung bei Grün nicht losfährt
- Der Minibus: 12 Leute zusammengequetscht; der Geldeinsammler, der fast bei der Seiten- oder Rücktüre herausfällt; das Geld (meist 1-Birr-Scheine) die zum Bezahlen herumgereicht werden und die Münzen, die man als Wechselgeld erhält; Der Treibstoffgeruch; das Hupen und chaotisch-organisierte Verkehrsgeschehen
- Das Gehen in der Stadt: der aufgerissene Asphalt; die Lacken überall; die Schuhe, die parallel zu den hinteren Hosenbeinen zunehmend dreckiger werden (obwohl ich mich bereits gebessert habe); der Brandgeruch von den Feuerstellen, Öfen,...
- Mein Schal/Kopftuch: habe ich inzwischen liebgewonnen und möchte unbedingt noch ein leichteres, weißes (wie es hier die Frauen hier oft benützen) dazuhaben.
- Das Wetter: Wenn auch Regenzeit, so doch oft Sonne (und dann ist es auf einmal echt warm!). Im Gegensatz zu Österreich macht mir das „schlechte“ Wetter hier nichts aus und es grenzt für mich an ein Wunder, dass ich noch nie nass in den Schuhen geworden bin, selbst bei diesen Straßen (und Straßengräben, in die man beim Zufußgehen oft ausweichen muss)
- Meine Fußmärsche (im Soldatenschritt natürlich ;-) ) um die Stadt zu erkunden, vor allem aber auch vom Arat Kilo heim (weil’s so schön bunt ist!)
- Mein Zimmer: wenn auch, oder gerade weil so einfach: und es klappt hervorragend, kann man manchmal ein wenig improvisieren.

Zu Beachten:
- Das Überqueren der Straße ist an jeder beliebigen Stelle, nicht nur den Zebrastreifen, (mit gewisser Vorsicht!, aber eigentlich ganz praktisch) absolut normal; ein Zebrastreifen bedeutet nicht, dass die Autos stehen bleiben.
- Straßengräben sind multifunktional: Als „Weidefläche“ für Ziegen, Schafe, Esel, zum Ausweichen, wenn Autos kommen, zum Müll hinschütten und für Männer auch als Toilettenersatz – mal eben schnell hingestellt (sieht man überall).
- An den Kreuzungen, an denen (orthodoxe) Kirchen sichtbar sind, bleiben die Leute stehen, wenden sich der Kirche zu, verneigen und bekreuzigen sich (viele haben eine sehr innige Gottesbeziehung) leider vergesse ich dies immer wieder und laufe beinahe in die Person hinein, die plötzlich vor mir stehen bleibt.
- Stadtpläne: gibt es irgendwo noch welche versteckt, auf denen mehr eingezeichnet ist, oder gibt es WIRKLICH nur 30-40 Straßennamen insgesamt!?!? In den Stadtplänen sind (bei weitem nicht) alle Straßen eingezeichnet, was mich am Anfang schon ziemlich irritiert hat, inzwischen kann ich aber immer so ungefähr zuordnen, wo was ist und hinfinden geht auch immer irgendwie.
- Häufig sind (persönliche) Fragen, ob noch alle Familienmitglieder (vor allem Eltern und Geschwister) leben. Ist hier nicht selbstverständlich.
- Wegen der relativen Nähe zum Äquator: gegen 6 wird’s hell und gegen 6 wird’s dunkel.

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